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Videowoche: T-Online Vision ist zur CeBIT im März 2002 online gegangen. Wie fällt Ihre Zwischenbilanz aus?

Burkhard Graßmann: Alle Erwartungen, die wir an das Portal geknüpft hatten, sind in Erfüllung gegangen. Wir können mit Fug und Recht sagen: Wir sind im Plan.

VW: Die Anzahl der breitbandigen T-DSL-Anschlüsse steigt relativ rasch an. Steht diese Entwicklung im Zusammenhang mit dem neuen Portal T-Online Vision?

BG: In der Schmalbandwelt war das Internet bisher schon ein Informations-, Transaktions- und Kommunikationsmedium. Durch Breitband bieten sich natürlich ganz andere Chancen, das Internet nun auch zu einem Medium für Entertainment zu machen. Das Internet lernt durch T-DSL und andere Breitbandzugänge sozusagen laufen und nicht nur gehen. Dieser USP (Unique Selling Point) von T-DSL macht natürlich alle Inhalte im Internet schneller verfügbar. Jedoch können User diesen Fortschritt durch das Breitbandportal T-Online Vision erst wirklich ausnutzen, denn gerade im Bereich Entertainment bietet das Portal Inhalte, die im Schmalbandbereich nicht denkbar wären. Daher wechseln immer mehr Nutzer von der Schmalband- in die Breitbandwelt, und immer mehr User entdecken die Möglichkeiten des Mediums jenseits des textlastigen Teils des Internets. Zudem wird mit den neuen breitbandigen Formaten, die auf T-Online Vision verfügbar sind, das Internet für ganz neue Nutzerschichten attraktiv.

VW: Sie demonstrieren also dem Endverbraucher, wofür ein Breitbandanschluss eigentlich gut ist, und erzeugen gleichzeitig Nachfrage nach solchen superschnellen Internetverbindungen?

BG: Es gibt da schon eine Trennung: Wir bieten die Inhalte, die Deutsche Telekom den Anschluss. Wir haben allerdings in den vergangenen Wochen eine gemeinsame Vermarktungsaktion mit der Deutschen Telekom gefahren, bei der T-Online Vision einer der USPs war, warum T-DSL für Nutzer attraktiv sein kann. Und der Erfolg gibt uns recht: Derzeit gibt es 2,5 Mio. vermarktete T-DSL-Anschlüsse und 2,4 Mio. angeschlossene T-DSL-Anschlüsse und wir rechnen mit weiter steigenden Zuwachsraten und damit auch mit neuen Kunden für T-Online. Wobei dies nicht eins zu eins übertragbar ist, da ein Breitband-Anschluss der Deutschen Telekom ja auch mit einem anderen Provider nutzbar ist.

VW: Welche Rollen spielen Entertainmentinhalte für ein Breitband-Portal wie T-Online Vision?

BG: Von den sechs Portalen auf T-Online Vision sind mit t-sports, t-games, t-music und t-movies eindeutig vier Portale Entertainmentportale. Allein diese Gewichtung belegt: Entertainment ist eines der wesentlichen Interessensgebiete. Mit Video on Demand (VoD) wird sich das noch verstärken.

VW: Um ein für den Endverbraucher interessantes Entertainmentportal anbieten zu können, brauchen Sie attraktiven Content. War es schwierig, an diesen zu kommen?

BG: Nein, ganz im Gegenteil. Es ist ja so: Mit dem Thema Breitband wollen wir das Internet in eine neue Entwicklungsstufe bringen, nämlich weg von der bisherigen Kostenloskultur. Um das Nutzungsverhalten der Endverbraucher zu ändern bzw. zu intensivieren, brauche ich Exklusivität, Aktualität und natürlich mediengerechte Aufbereitung. Im Film- und Videobereich bieten natürlich vor allem US-Majors hochwertigen Content an, zu denen wir auch hervorragende Kontakte knüpfen konnten. Ein Beispiel ist, dass uns AOL Time Warner weltweit einen Trailer 48 Stunden früher gegeben hat - quasi eine Trailerpremiere für "[Collateral Damage](/movie/collateral-damage)" mit [Arnold Schwarzenegger](/person/arnold-schwarzenegger). Das sind exklusive Features, die Nutzer auch sehen wollen. Gerade im Bereich Entertainment bauen wir auch unsere eigene Kompetenz aus - etwa in Form von Formatentwicklung - arbeiten aber selbstverständlich mit Contentanbietern zusammen.

VW: Was bedeutet das für Content Owner?

BG: Wir sind offen für jedermann, was Sie auch an unseren rund 400 Contentpartnern im deutschsprachigen Raum sehen können. Tendenz steigend. Jeden unserer Geschäftspartner bieten wir ein Revenue-Sharing-Modell an, das eine Aufteilung der Einnahmen von 50:50 vorsieht. Dem Contentpartner bieten wir so quasi eine Zweitverwertung ihrer Inhalte an. Unsere Leistung ist neben dem Traffic nicht nur die Aggregation, sondern liegt auch in der internetgerechten Aufbereitung. Nehmen Sie das Beispiel "Gute Zeiten Schlechte Zeiten" (GZSZ): Die Soap stellen wir einige Stunden früher ins Netz und bieten drum herum eine typisch internetgerechte Aufbereitung an.

VW: Sie meinen also, man kreiert um ein Thema beispielsweise E-Shops und Fan-Communities?

BG: Ja, genau.

VW: Sie wollen also die Kostenloskultur im Internet mit Exklusivität, Aktualität und mediengerechter Aufbereitung beenden - also Premiumcontent anbieten. Was verstehen Sie darunter?

BG: Premiumcontent ist Content, den der Kunde nirgendwo anders bekommt - zumindest nicht kostenlos. Wenn er bereit ist, dafür zu bezahlen, muss es Premiumcontent sein. Das können konkret Testberichte sein, hochwertige Trailer, und eben auch VoD und Musikdownloads.

VW: Auf welche Abrufzahlen kommt T-Online Vision mit ihren kostenpflichtigen Inhalten?

BG: Hunderttausende Nutzer haben seit Jahresbeginn im Portalnetzwerk Paid Contents und Paid Services genutzt. Genaue Zahlen zu T-Online Vision können wir so kurz nach dem Start noch nicht veröffentlichen.

VW: Und welche Bezahlinhalte sind besonders beliebt?

BG: Das ist unterschiedlich. Sicherlich zählen dazu unsere Filmhighlights wie GZSZ oder unsere Finanzberichte. Aber auch im Gamesbereich erfreut sich beispielsweise der Skatklub größter Beliebtheit.

VW: T-Online Vision hat sich bisher eher als Vertreter der Häppchenkultur hervorgetan: Clips, Trailer und Kurzfilme. Wird es einen VoD-Dienst mit vollständigen Spielfilmen geben?

BG Ja.

VW: Ab wann soll dieser Dienst verfügbar sein?

BG: Das kann ich noch nicht sagen. Wichtig ist, dass sowohl die Netzinfrastruktur als auch die Streamingtechnologien so weit entwickelt sind, dass Filme in TV-Qualität sowohl auf den PC oder auch auf das TV-Gerät übertragbar sind.

VW: Es muss also noch nachgebessert werden?

BG: Ich glaube weniger an einen Markt von Usern, die sich einen zweistündigen Spielfilm am PC ansehen. Ich halte das eher für eine Notlösung. Es wird noch ein bis eineinhalb Jahre dauern, und dann suchen Sie am PC einen Film aus und legen fest, wie er auf das Fernsehgerät kommt. Dazu sind noch Investitionen in die Infrastruktur nötig und die Hardwareindustrie muss nachlegen. Spätestens dann sind wir aber so weit, dass wir sagen können: die virtuelle Videothek existiert. Und darin sehen wir selbstverständlich einen der zukünftigen Revenue-Streams und werden es auch anbieten.

VW: T-Online sagt von sich: "Wir wollen Programmanbieter werden." Steht Ihnen da nicht das Endgerät PC im Weg?

BG: Nur dann, wenn man Programm als ein TV-Programm versteht. Wir definieren Programm als ein so genanntes serielles Angebot von Inhalten, die wir speziell für unsere User auswählen und das wir zu bestimmten Tageszeiten und Wochentagen platzieren. So gibt es beispielsweise täglich um 13 Uhr schon die aktuelle GZSZ-Folge vom Abend. Als Highlight haben wir von montags bis freitags unsere T-Zone Shows, bei denen wir jeden Tag ein interaktives Entertainmentprogramm anbieten.

VW: Was verstehen Sie unter interaktiv?

BG: Die Shows sind in eine Community eingebettet, es können Fragen gestellt werden, Diskussionsbeiträge können eingebracht werden, es gibt Gewinnspiele - um nur einige Beispiele zu nennen. So bereiten wir den Content internetgerecht auf. In diesem Bereich sind wir schon relativ weit.

VW: Die Breitbandtechnologie bietet also ganz andere Spielarten was die Entwicklung von Formaten angeht?

BG: Das ist ja das Faszinierende an dem Medium: Das Internet stellt neben E-Mail, Banking und Messaging eine neue Kommunikationsform dar. Aber gleichzeitig wird das Internet das vierte redaktionelle Medium nach Print, Rundfunk und Fernsehen. So wie beim Fernsehen dem Medium adäquate Formate entwickelt wurden, so entwickeln wir ebenfalls internetgerechte Formate Die wesentlichen Vorteile des Internets sind ja die On-Demand-Fähigkeit und Interaktivität.

VW: Wie sieht Ihre mittelfristige Planung aus?

BG: Wir planen natürlich, dass unsere Produktpalette immer breiter wird. Ich glaube, dass man eines Tages sagen wird, dass die Einführung von T-Online Vision am 15. März 2002 der Startschuss für ein wirklich interaktives TV-Format im Netz war. Ich glaube auch, dass sich spätestens in zwei bis drei Jahren der Weg in die Videotheken erübrigt hat und Videos virtuell ausgeliehen werden.

VW: Herr Graßmann, vielen Dank für das Gespräch.





Burkhard Graßmann

1966 in Bremen geboren, arbeitete Graßmann nach dem Studium der Betriebswirtschaftslehre, Geschichts- und Politikwissenschaft und Philosophie 1992 zunächst als Dozent für Marketing. 1993 wechselte er als Vertriebs- und Organisationsleiter zur Hamburg-Mannheimer-Sachversicherungs-AG. Nach drei Jahren als Leiter Werbung der EXPO 2000 Hannover GmbH ging Graßmann zur Deutschen Telekom, wo er zuletzt Leiter des Presse- und Communication-Center in Bonn war. Seit Oktober 2000 ist Graßmann Mitglied des Vorstands der T-Online International AG.




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