Blickpunkt:Film

Verleih

D&V: [MC One](/company/mc-one-media-cooperation-one) ist noch ein recht junges Home-Entertainment-Unternehmen. Können Sie zu Beginn etwas über seine Geschichte und Gesellschafterstruktur sagen?

[Hagen Behring](/person/hagen-behring_b): MC One wurde im November 2000 hauptsächlich auf Initiative eines Unternehmens der Deutschen Bank gegründet. Seitdem hat sich viel getan. Es fing damit an, dass wir einige Geschäftsführer und Gesellschafter verabschiedeten. Die Interessen waren unterschiedlich. Wir hatten damals auch Geschäftssparten, die heute nicht mehr existieren. Schnell konzentrierten wir uns auf eine Zwei-Säulen-Strategie: Kerngeschäft Home Entertainment, als zweites Segment Eigen- und Koproduktionen. Neben den überschaubaren Möglichkeiten, Profit aus Home Entertainment zu generieren, wollen wir an der internationalen Auswertung unserer Koproduktionen partizipieren. Immer wieder verfeinert hat sich seitdem die Beschaffung von Content, also das Netzwerk in die USA. Zudem änderte sich die Gesellschaftsstruktur nachhaltig: Uns ist es gelungen, im Rahmen eines Management-Buy-outs die gesamten Anteile des ursprünglichen Mehrheitsgesellschafters Deutsche Bank zu übernehmen. Jetzt halten Sven Ebeling und ich jeweils 50 Prozent an MC One. Die Transaktion ist bereits abgeschlossen.

D&V: Was war der Sinn dieses Management-Buy-outs?

Behring: MC One ist unser Baby, und wir haben es aufgebaut. Wir sind völlig überzeugt von dem, was wir mit Unterstützung unseres Vertriebs daraus machen können. Bekanntlich hat sich das Management der Deutschen Bank vor geraumer Zeit entschieden, sich von allen Beteiligungen in deren Portfolio zu trennen. Vor diesem Hintergrund haben wir die Chance wahrnehmen können, die Anteile zu übernehmen.
Zwei-Säulen-Strategie mindert Risiko
D&V: War die Deutsche Bank beim Markteintritt hilfreich oder eher hinderlich?

Behring: Grundsätzlich war es ein Vorteil. In der Startphase hatten wir zwar auf dem Papier einen Namen, aber keiner wusste, wer dahinter steckt, wie wir arbeiten und was wir inhaltlich machen. Insofern erleichtert es die Sache ungemein, wenn man bei der Bonitätsaussage erklären kann, dass die Deutsche Bank Mehrheitsgesellschafter ist. Wenn es überhaupt ein Handicap gegeben hat, dann waren es Reibungsverluste, weil wir es manchmal mit Personen zu tun hatten, die ihre Entscheidungen analytisch, doch ohne jede Branchenkenntnisse fällten. Aber das war durchaus auch befruchtend. Nicht immer hat nur eine Seite Recht.

D&V: Wie viele Mitarbeiter hat MC One?

Behring: Insgesamt sind wir 22, die Hälfte davon vertriebsorientiert: 16 feste Mitarbeiter am Standort Stuttgart sowie sechs freie Handelsvertreter. Wir haben jetzt eine exzellente Mannschaft. Sie ist eingeschworen und sehr engagiert. Jeder weiß, was er zu tun hat.

D&V: Warum Stuttgart als Standort?

Behring: Das ist historisch bedingt. Unsere Mitarbeiter rekrutieren sich alle aus dem Stuttgarter Umfeld. Der Standort hat auch Vorteile. Das Preisniveau ist nicht so hoch wie in München zum Beispiel. Zudem sind wir ein gewisser Exot, denn so viele Medienunternehmen gibt es dort nicht. Wir haben einen Oscar nach Baden-Württemberg geholt. Zudem haben die Schwaben viele positive Eigenschaften, die man für ein Unternehmen nutzen kann.

D&V: Auf welche Themen konzentrieren Sie Ihr Programm?

[Gerd Porzelt](/person/gerd-porzelt): Zum Lizenzeinkauf sind wir auf allen Messen. Auch sonst halten wir immer Kontakt zu den Lizenzgebern, wobei die meisten momentan aus den USA kommen. Aber wir lassen den deutschen Film nicht außer Acht. Das war schon immer ein liebevoll umsorgtes Kind von MC One. Doch uns ist bewusst, dass man sich nicht nur darauf beschränken kann. Gerade in Videotheken hatten es deutsche Filme immer schwer. Was das Filmangebot betrifft: Es gibt jedes Jahr nur eine bestimmte Anzahl, die neu veröffentlicht wird. Da versucht jeder Lizenzgeber natürlich, seine Titel möglichst gut zu verkaufen. Für uns ist es wichtig, einen Film richtig einzuschätzen und sich dann auf diesen zu konzentrieren. Wir müssen auf einer Basis verhandeln, die für uns sinnvoll ist, und diese Titel dann selektiv in den Markt bringen. Meine Devise gerade im Rentalbereich lautet: Besser sich auf den einzelnen Film konzentrieren und so einen möglichst hohen Umsatz generieren als zwei oder drei Titel zeitgleich veröffentlichen. Ein Film bleibt sonst immer auf der Strecke.

Behring: Von Beginn an wollten wir ein breites Spektrum abdecken. Warum sollen wir uns einschränken, wenn es gutes Material gibt? Natürlich ist Special Interest immer schwieriger, aber wir glauben, dass gute Titel funktionieren. Denken Sie auch an unsere Zwei-Säulen-Strategie: Wir haben zum Beispiel mit dem Animationsfilm "Der Nussknacker" gerade eine Eigenproduktion fertig gestellt. Solche Produktionen sind von der finanziellen Seite in sich geschlossen. Das Kerngeschäft ist davon nicht betroffen.
Anbieter-Top-Ten als Ziel
Egal, wie sie funktionieren, es bleibt kein ernsthaftes Risiko, das MC One als Unternehmen gefährden könnte.

D&V: Was war Ihr Anteil bei "[Nirgendwo in Afrika](/movie/nirgendwo-in-afrika)"?

Behring: Wir waren Koproduzent. Das heißt, wir geben einen Anteil zur Herstellung des Films und partizipieren entsprechend am internationalen Erlös. Parallel dazu schließen wir einen Lizenzvertrag und erwerben die deutschsprachigen Videorechte. Bei "[Wrong Turn](/movie/wrong-turn)" waren wir auch beides, Koproduzent und Lizenznehmer. Der zu bezahlende Lizenzpreis landet wieder oben im Topf, und am Ende partizipieren wir in Höhe unserer Quote.

D&V: Wie sehen Sie momentan Ihre Stellung im Wettbewerb der Independents?

Porzelt: Laut www.mediabiz.de gibt es derzeit fast 140 DVD-Anbieter in Deutschland. Die Majors ausgenommen, denke ich, dass wir bei den Independents an fünfter Stelle stehen. Und insgesamt Ende 2003 auf Platz elf. Unser Ziel ist es, in diesem Jahr die Top Ten zu erreichen. Wir können aber auch so mit der Position zufrieden sein, denn wir veröffentlichen ja relativ wenige Produkte, zwölf bis 13 Filme im Jahr - was gegen die Masse der anderen Anbieter wenig ist.
Behring: Wir wollen für unsere Partner berechenbar und verlässlich sein. Unsere Library wächst zusehends, aber wir wollen nicht schnellstmöglichst viele Titel im Programm haben. Was nützt es uns, wenn sie kein Geld bringen?
Selektiv nehmen wir auch Dienstleistungsmandate auf, verwerten für Dritte. Unser Ziel ist zudem die Entwicklung eines Backprogramms, sodass durch dessen Verwertung ein solider Cashflow entsteht. Als Unternehmer bin ich lieber langweilig und solide als hochinteressant und morgen weg.

D&V: Wie viele Titel umfasst Ihr Filmstock derzeit?

Porzelt: Insgesamt 65 Titel. Bis Ende 2004 planen wir etwa 80 bis 100 zusätzliche Titel: Backprogramm, Neuheiten oder über Dienstleistungsmandate.
Katalogauswertung boomt weiter


Im Profil: MC One





Gegründet im Jahr 2000, konzentriert sich die Stuttgarter Media Cooperation One GmbH (MC One) auf die Distribution und Vermarktung von DVD und VHS im deutschsprachigen Raum. Neben dem reinen Lizenzerwerb betätigt sich das Unternehmen auch auf dem Feld der Eigen- und Koproduktion.
Im Jahr 2002 konnte sich MC One erfolgreich im Markt etablieren. Titel wie "Nirgendwo in Afrika" (ausgezeichnet mit einem Oscar, in fünf Kategorien mit dem deutschen Filmpreis und nominiert für den Golden Globe) sowie "Bella Martha" (ebenfalls prämiert mit dem deutschen Filmpreis) und der Kinohit "Knallharte Jungs" trugen maßgeblich zu diesem Ergebnis bei.
Diese positive Entwicklung setzte sich auch im Jahr 2003 fort. Stolz präsentierten die Stuttgarter Titel wie "The Musketeer" mit Catherine Deneuve oder den von MC One koproduzierten Film "Wrong Turn".Zum Januar 2004 änderte sich die Gesellschaftsstruktur nachhaltig. Per Management-Buy-out übernahmen Hagen Behring und Sven Ebeling die gesamten Anteile des ursprünglichen Mehrheitsgesellschafters Deutsche Bank.







Behring: Wenn es uns gelingt, über eine gewisse Handling-Fee des vom Fremdprogramm generierten Umsatzes einen Teil der fixen Kosten zu decken, sichern wir gleich unser Unternehmens mit ab. Zudem sind 180 Titel für den Vertrieb attraktiver als nur 60.

Porzelt: Der Katalogverkauf wird meiner Meinung nach die nächsten zwei Jahre noch boomen. Diese Zeit müssen wir nutzen. Beim Katalog wollen wir uns auf Special Interest, aber auch auf Musik-DVDs konzentrieren. Im Gegensatz zur vorherrschenden Meinung im Rentalhandel bin ich der Auffassung, dass viele Jugendliche eine Musik-DVD erst leihen würden, bevor sie sie kaufen - um sie zu testen. Zudem veröffentlichen wir in diesem Jahr noch zahlreiche Filmklassiker erstmals auf DVD.

D&V: Was ist 2004 noch geplant?

Porzelt: Eins der größten Themen könnte "[Happy Tree Friends](/movie/happy-tree-friends)" werden, mit einer Zielgruppe im Alter zwischen 14 und 21 Jahren. Das ist animierte Komik auf die heftige, brutale Art. Ab März laufen Spots dazu auf MTV. Unsere anderen großen Filme kommen erst im zweiten Halbjahr, zum Beispiel beide Teile von "Infernal Affairs". Der erste Teil geht jetzt ins Oscar-Rennen. Die Fortsetzung war im vergangenen Jahr der erfolgreichste Spielfilm in Hongkong. Im Moment gehen wir davon aus, dass zwei unserer für das zweite Halbjahr geplanten Filme einen Kinostart auch in Deutschland haben.

D&V: Wie beurteilen Sie die aktuellen Marktentwicklungen?

Porzelt: Wir sind noch lange nicht bei einer Sättigung der DVD. Das Plus der DVD kann das Minus der VHS zwar nicht ganz ausgleichen, aber viele Leute haben noch immer keinen DVD-Player. Auch hier gibt es noch Zuwächse. Ebenfalls klar ist: Die Preise für DVDs fallen weiter. Dass DVDs zum Teil sogar schon für 1,99 Euro angeboten werden, halte ich für sehr schädlich.

D&V: Kann man sich als Anbieter von dieser Entwicklung abgrenzen?

Porzelt: Die untere Grenze für eine Drittauswertung sehe ich bei 4,99 Euro. Was darunter geht, wird für uns als Anbieter sehr schwierig, und unter Berücksichtigung der Spanne haben diese Preise auch für den Handel wenig Sinn. Außerdem sind das die falschen Signale an den Konsumenten.
Behring: Diese 1,99-Euro-Deals kommen für uns nicht in Frage. Das rechnet sich nicht. Aus strategischer Sicht rede ich auch nicht von einer Sättigung. Es mag durchaus sein, dass der Peak in Bezug auf die Steigerungsraten der Vorjahre sinkt. Aber wir haben ein gutes Niveau, das sogar noch wächst. Und wenn wir in Deutschland die Preise nicht weiter kannibalisieren, verdienen wir dabei auch noch Geld. Deutschland steht bei der Preisstabilität in Europa am schlechtesten da. Daher wollen wir unsere Promotions besser verknüpfen, zum Beispiel Crosspromotions mit großen Partnern durchführen, um eine breite Streuung im Markt zu erreichen, die wir allein niemals bezahlen könnten. Natürlich müssen wir weitere Standbeine finden. Irgendwann hat jedes Produkt seine Reife überschritten. Aber eins ist klar: Content wird immer gebraucht, über welches Medium auch immer. Ganz sicher werden wir die frisch gewonnene Unabhängigkeit unseres Unternehmens nicht gefährden. Wir wollen MC One im Schliff zu einer feinen Perle machen - und dann schließe ich nichts aus.

D&V: Spielen neue Technologien wie Video on Demand für MC One bereits eine Rolle?

Behring: Nein. Wir sind in dieser Hinsicht eher konservativ. Wir können uns nur die Auswertungsrechte für Video on Demand sichern, aber keine eigene Auswertungsplattform schaffen.

D&V: Welche Gewichtung haben die verschiedenen Geschäftsbereiche innerhalb des Unternehmens?

Porzelt: Im Jahr 2003 hat sich unser Jahresumsatz zusammengesetzt aus einem Drittel Verleih und zwei Dritteln Verkauf. In diesem Jahr wird sich das etwas verschieben: nur noch 25 Prozent Verleih und 75 Prozent Verkauf. Nach wie vor glaube ich, dass die Talsohle im Verleihmarkt im vergangenen Jahr erreicht wurde. Aber der Verleihmarkt muss es nun mit guten Konzepten schaffen, sich selbst aus ihr wieder herauszubefördern. Dazu gehört im Übrigen unter anderem auch der weitere Ausbau des Kaufgeschäfts.

Im Gespräch: Hagen Behring und Gerd Porzelt, MC One