Blickpunkt:Film

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D&V: Die unendliche Geschichte ist in Deutschland, aber ganz besonders auch in Amerika immer noch ein großes Thema, mit einem erheblichen Bekanntheitsgrad. Können Sie sich erklären, warum?

[Dieter Geissler](/person/dieter-geissler): Ein Grund dafür sind insbesondere in den USA die Fernsehausstrahlungen. Jedes Jahr werden die drei Filme auf allen Kanälen wieder gezeigt. Dazu kommt, dass "Die unendliche Geschichte" immer ein sehr starkes Videothema war. Warner hat beispielsweise auch den ersten und zweiten Teil auf DVD im letzten Jahr wieder neu herausgebracht. Die Filme sind ein Klassiker und stehen in jeder Videothek.

D&V: Das Thema "Die unendliche Geschichte" soll im kommenden Jahr mit einer neuen Buchreihe weitergeführt werden.

Geissler: Ja, basierend auf den neuen TV- und Videofilmen sollen drei Bücher im Herbst 2003 weltweit in den Buchhandel kommen und auf der 2. Film- und Videostaffel 2004 weitere Bücher.

D&V: Wenn soviel Zeit zwischen den Spielfilmen und den neuen Produktionen liegt, was ändert sich beim Herangehen an solche Produktionen?

Geissler: Hinsichtlich der Figurenkonstellation ändert sich eigentlich wenig, denn "Die unendliche Geschichte" ist ein Klassiker und damit ähnlich zeitlos wie "Der Herr der Ringe". Völlig anders sind heute jedoch die Möglichkeiten der technischen Umsetzung. Zum Beispiel wäre es früher kaum möglich gewesen, dieses Thema als Fernsehproduktion zu machen, weil die Kosten viel zu hoch waren. Zum Vergleich: Der erste Spielfilm hat über 60 Mio., der zweite 54 Mio., der dritte immer noch 46 Mio. Mark gekostet. Für unsere Gesamtproduktion mit 13 Stunden fertig geschnittenem Material mussten wir mit 36 Mio. auskommen. Ohne die neuen Technologien wären wir sicherlich wieder in ganz andere Größenordnungen gekommen. Das Verhältnis Fernsehen/Video gegenüber einer großen Spielfilmproduktion stimmt nicht mehr. Aus diesem Grund haben wir natürlich auch neueste Entwicklungen abgewartet, denn dank High Definition ist man theoretisch von der Kamera gleich im Computer zur Trickbearbeitung und das vereinfacht vieles. Einerseits natürlich für die Umsetzung des Stoffes auf DVD, andererseits hinsichtlich der Kosten. Heute kommt man mit der HDTV-Technik auf wirtschaftlich relevante Produktionskosten bei brillianter Bildqualität und das wird sich sicherlich auch auf andere Science Fiction-Produktionen auswirken.

D&V: Können Sie Details zur Produktion verraten?

Geissler: Die Darsteller sind in den USA und Kanada sehr bekannt. Ein Großteil der Schauspieler sind Europäer, die in Kanada leben, weil dort sehr viel produziert wird.

D&V: Wie sind Ihre Erwartungen speziell für den deutschen Markt?

Geissler: "Die unendliche Geschichte" ist ein deutsches Buchthema, wenn man es jedoch in der Umsetzung der Spielfilme sieht, ist es international. Uns war damals bei der Spielfilmproduktion besonders wichtig, einen Film herzustellen, den die Amerikaner auch als "amerikanischen" Film annehmen würden, was später auch geschehen ist. Beispielsweise haben wir die Szenen, die in einer amerikanischen Stadt spielen sollten in Vancouver gedreht und Phantasien in deutschen Studios wie der Bavaria in München und im Studio Babelsberg.

D&V: Wie stark haben Sie während der TV-Produktion auch schon das Thema Vermarktung auf DVD im Auge?

Geissler: Hier in Deutschland haben wir ja eine interessante Variante und ersetzen durch den Videostart den Kinostart. Dadurch ergibt sich die Möglichkeit, einen großen Weihnachtsevent daraus zu generien. Hinsichtlich der zweiten Teile von "Harry Potter" und "Der Herr der Ringe" ergibt sich im Videobereich ein Vorsprung. Ich sehe "Die unendliche Geschichte" als ein Geschenkangebot für die Deutschen zu Weihnachten.

D&V: Für das Thema sind im nächsten Jahr auch neue Bücher geplant. Werden Sie den neuen Stoff auch wieder auswerten, beispielweise im Merchandisingbereich?

DG: Ja, sicherlich wieder mit der nächsten Staffel. Dann hat sich das Thema wieder neu etabliert und wir haben genügend Zeitvorläufe. Gerade Merchandising ist immer ein sehr schwerfälliges Prozedere. Von der Planung, über die Herstellung bis zum Verkaufszeitpunkt muss man fast immer ein Jahr rechnen.

D&V: Welche Umfänge planen Sie für die zweite Staffel?

Geissler: Mit vier Movies und Folgen á 45 Minuten werden die bisherigen Umfänge beibehalten.

D&V: Inwiefern hängen die vier Spielfilme zum Beispiel hinsichtlich des Inhalts zusammen, gibt es einen roten Faden?

Geissler: Die Spielfilme stehen eigentlich für sich alleine, trotzdem sieht man natürlich im Zusammenhang die Entwicklung - ähnlich wie beim Buch. Auch das besteht ja aus vielen einzelnen Abenteuerin in Phantasien, die aber mit einer großen Klammer zusammengehalten werden. Das gleiche gilt für die TV-Produktion.

D&V: Es gibt also keinen direkten inhaltlichen Anschluss an die drei Spielfilme?

Geissler: Nein. Wir sind wieder an den Anfang zurück gegangen. Bastian verliert seine Mutter durch einen Autounfall und gerät an das Buch. Während er liest, erlebt er phantastische Abenteuer und stellt fest, dass er Teil der Abenteuer ist und sogar selbst die Geschichte beeinflussen kann. Das, was er liest, ist schon vorher in seiner Phantasie entstanden und in das Buch hinein transponiert worden. Hier geht es bei uns im Stoff noch ein bisschen weiter. Bastian verarbeitet auch Tageserlebnisse mit und die kommen - reflektiert aus Phantasien - wieder auf ihn zu.

D&V: Ein kurzer Blick zurück: Hätten Sie damals geglaubt, das der Stoff so ein langfristiges Thema werden würde, das über Jahrzehnte hinweg immer wieder Menschen fasziniert? Natürlich war das Buch schon lange erfolgreich, aber eine Filmumsetzung ist immer noch etwas anderes. Oder?

Geissler: Es war etwas anders. Das Buch kam im November 1979 raus. Die Kinder eines Freundes von mir, der Anwalt ist, hatten das gelesen und hatten immer viele Fragen. Daraufhin hat er es selbst gelesen, war völlig fasziniert und hat mich auf den hervorragenden Stoff hingewiesen. Seine Meinung, das Buch sei hervorragend verfilmbar, konnte ich aber nicht teilen. Ich hielt eine filmische Umsetzung schlichtweg für nicht bezahlbar. Daraufhin hat mein Freund Klaus Kähler die Initiative übernommen, einen Termin beim Verlag in Stuttgart gemacht, und mich in sein Auto gesetzt. Zu diesem Zeitpunkt war für mich die einzige Möglichkeit, den Stoff als Fernsehserie zu verfilmen. Als wir die Hürde beim Verlag genommen haben, hat mich der sportliche Ehrgeiz übermannt. Ich traf mich mit Michael Ende kurz vor Ostern in Rom und wir haben zwei Tage diskutiert, wie man den Stoff umsetzen könnte. Entscheidend war letztendlich ein Mittagessen in einer Trattoria in Michael Endes Wohnsitz Genzano bei Rom. Der Besitzer dieses Lokals war Filmfreak und als er hörte, dass ich mal "Ludwig II" mit dem Regisseur Luchino Visconti produziert habe, ist er völlig ausgeflippt und hat zu Ende gesagt, ich müsse "Die unendliche Geschichte" verfilmen. Damit waren wir per Handschlag handelseinig. Ich bin damals von Rom nicht erst nach München zurück, sondern gleich nach Los Angeles geflogen. Dort fand damals ein großes Symposium für Special Effects im Fernsehen statt und ich habe mich mit den Umsetzungsmöglichkeiten vertraut gemacht. Als wir erste Drehbuchfassungen, erste Regisseure hatten, wurde es schwierig mit Michael Ende, weil er einfach sehr eigene Vorstellungen hatte. Das war der Moment damals, wo es mir fast vorgegeben war, mit Disney zu reden, denn das Thema war einfach ein Stoff für die. Zum gleichen Zeitpunkt interessierte sich auch Bernd Eichinger, der damals mit "Christiane F." und "Das Boot" sehr große finanzielle Erfolge feierte, für den Stoff und wurde wieder an mich verwiesen. Wir haben uns auf eine gemeinsame Produktionszusammenarbeit geeinigt
Constantin Film hat die Garantie für die Gesamtfinanzierung des ersten Films mit Wolfgang Petersen als Regisseur übernommen. Später kam dann noch Warner hinzu und hatte geholfen die Gesamtfinanzierung neu zu schließen, als sich herausstellte, dass das Budget des Films auf eine für Deutschland bis dahin einmalige Größenordnung von ca. 60 Mio. Mark anwachsen würde.

D&V: Last but not least die Frage: Gehen Sie heute noch manchmal auf das Bavaria-Filmgelände, um zu schauen, wie die Leute sich begeistert das mittlerweile beinahe historische Blue Box-System mit Fuchur anschauen?

Geissler: Zugegeben, da war ich jetzt schon länger nicht mehr. In Babelsberg gibt es ja auch noch einen Fuchur aus dem dritten Teil. Sämtliche Gussfiguren haben wir an den Warner-Themen-Park verkauft, wo es ja mittlerweile einen eigenen Themenevent "Unendliche Geschichte" gibt. Somit ist der Stoff an drei Standorten in Deutschland ständig präsent.

D&V: Herr Geissler, herzlichen Dank für dieses Gespräch.

Nachgefragt: Dieter Geissler