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VideoWoche: Gesetzlich ist es erlaubt, Sicherheitskopien etwa von DVDs für den privaten Gebrauch anzufertigen. Ist 'privater Gebrauch' nicht unklar definiert, das heißt, darf ich Kopien als Geburtstagsgeschenk weitergeben?

Christlieb Klages: Der private Gebrauch ist der Gebrauch in der Privatsphäre zur Befriedigung rein persönlicher Bedürfnisse durch die eigene Person oder die mit ihr durch ein persönliches Band verbundenen Personen. So hat der BGH 1978 es mal ausgeführt. Sie dürften einer Ihnen persönlich verbundenen Person eine Kopie zum Geburtstag überlassen - dass dies im Regelfall als peinlich und knickerig empfunden wird, ist bekannt, verboten ist es nicht. Der Verkauf jedenfalls ist nicht vom persönlichen Gebrauch gedeckt. Ob der anonyme Austausch von Daten über Tauschbörsen noch dazu zählt, muss bezweifelt werden.

VW: Werden durch das Recht auf private Kopien im digitalen Zeitalter nicht dem Missbrauch dieser 'digitalen Klone' Tür und Tor geöffnet?

GK: Die Einführung einer neuen Technologie rechtfertigt eine Gesetzesänderung nicht. Zunächst hat die Digitalisierung den Auswertern steigende Erträge gebracht - sowohl bei der Filmherstellung als auch in der Fertigung des Endprodukts. Die Herstellung einer analogen Videokassette ist als handwerkliche Meisterleistung zu bewerten, im Verhältnis zur Vervielfältigung einer DVD. Aufgrund der weltweiten Nachfrage dürfte ein Rohling bald nahezu nichts mehr kosten. Durch das Hinzufügen von Datenmüll - auch als Making of bezeichnet - wird ein angeblicher Mehrwert geschaffen. Die Auswerter vertreiben ein Produkt weltweit, einschließlich aller Sprachfassungen. Diesem Segen der Digitalisierung steht ein vermeintlicher Fluch gegenüber - die Erkenntnis, dass die Reproduktion eben nahezu nichts kostet.

VW: Bis Ende 2002 soll die EU-Richtlinie "zur Harmonisierung bestimmter Aspekte des Urheberrechts und der verwandten Schutzrechte in der Informationsgesellschaft" in Deutschland umgesetzt werden. Darin heißt es, dass zwischen digitaler und analoger Kopie unterschieden werden sollte. In welchen Fällen kann eigentlich zwischen beiden unterschieden werden?

GK: Der Vorhalt, anders als bei analogen Kopien verfüge man bei digitalen Kopien gleich über Masterkopien, bringt keine zusätzliche Erkenntnis. Im analogen Zeitalter waren die Kopien analog, heute sind sie digital. Die Kopien entsprachen jeweils dem Stand der Technik. Raubkopien hat es immer gegeben, auch wenn die kommerzielle Verwertung (einschließlich bereits der Vervielfältigung bei der Herstellung) derselben schon immer verboten war, und zwar nicht nur zivilrechtlich, sondern auch strafrechtlich. Gemäß der §§ 106, 108a UrhG steht bis zu fünf Jahren Gefängnis auf die unerlaubte Vervielfältigung. Weitergehende Verbote führen zu einer weitergehenden Kriminalisierung unserer Kinder, und dies, um den Versäumnissen einer Branche zu begegnen, der es nicht gelungen ist, neue Märkte und Zielgruppen zu erschließen.

VW: Sie halten die bestehenden Gesetze zum Schutz vor Raubkopien für ausreichend?

GK: Ja. Eine gesetzliche Änderung macht keinen Sinn. Nach überwiegender Auffassung ziehen zumeist Jugendliche Kopien, deren wirtschaftliche Lage der des Berliner Senats vergleichbar ist. Dass die Kaufkraft dieser Zielgruppe nahezu erschöpft ist angesichts von Handyrechnungen, Designerjeans und Musik-CDs durften die beteiligten Branchen in den letzten Jahren erfahren. Eine Kriminalisierung dieser Zielgruppe wird die wirtschaftliche Entwicklung nicht maßgeblich beeinträchtigen, da durch das Verbot der Vervielfältigung ihre Kaufkraft nicht erhöht wird.

VW: Sind Sicherheitsmechanismen wie CD- oder DVD-Kopierschutz sinnvoll?

GK: Über die Sinnhaftigkeit von Kopierschutz mögen andere räsonieren - einleuchtend schien das Statement eines berühmten Hackers: "Die Vervielfältigung von Bits & Bytes ist die einzige Aufgabe eines Computers."

VW: Wie kann das berechtigte Interesse, Urheberrechte auch im digitalen Zeitalter zu schützen, umgesetzt werden, ohne die Distribution nachhaltig einschränken zu müssen?

GK: Das Urheberrecht ist gut gerüstet - auch für das digitale Zeitalter. Die Verwertungsgesellschaften stehen parat, der Urheber soll angemessen an der Auswertung seines Werks beteiligt werden. Die bestehenden Schrankenregelungen, gesetzliche Regelungen, aufgrund derer der Urheber eine Vervielfältigung seiner Leistung hinzunehmen hat, spiegeln ein diffiziles Gleichgewicht zwischen den Interessen der Urheber und der Gesellschaft wider. Die Gesellschaft lebt vom freien Diskurs und vom Austausch von Informationen und inspiriert nicht zuletzt auch den Urheber zu seinem Schaffen. Es bleibt deshalb zu hoffen, dass das Urheberrecht nicht zu einem Marketinginstrument schwächelnder Branchen verkommt.

Zur Person
Christlieb Klages beschäftigt sich seit Jahren mit Fragen des Medien- und Presserechts sowie des Urheber- und Verlagsrechts. 1996 erschienen erste Veröffentlichungen auf dem Gebiet des Urheberrechts. Klages ist Mitglied der Deutschen Vereinigung für gewerblichen Rechtschutz und Urheberrechte e.V. und arbeitet in der Rechtsanwaltskanzlei Behnke, Knappmann-Korn & Partner in Berlin.

RA Christlieb Klages zu Raubkopien