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VideoWoche: Was bedeutet Ihnen der Erfolg von "Matrix" auf DVD?

Joel Silver: "Matrix" ist ein aufregendes Projekt, weil es zunächst nicht einfach war, es bei Warner Bros. durchzusetzen. Man konnte sich nicht so leicht vorstellen, wie die Drehbuchinhalte in die Realität umzusetzen waren. Heute ist "Matrix" der erfolgreichste Film der Geschichte von Warner Bros. Vor drei Wochen sind wir an "[Batman](/movie/batman)", der bislang an der Spitze stand, vorbeigezogen. Auch der Erfolg der DVD ist außerordentlich - das liegt auch daran, daß die DVD etwas Besonderes ist, weil sie so viel mehr bietet als andere Medien.

VW: Hatten Sie Einfluß auf die Gestaltung und den Inhalt der "Matrix"-DVD?

Silver: Zu Beginn der Dreharbeiten schlug Kameramann Bill Pope vor, seinen Sohn, einen jungen Filmemacher, der auch bei den Dreharbeiten in Australien dabei war, jeden Tag Behind-the-Scenes-Material aufnehmen zu lassen. Ich ging mit diesem Vorschlag zu Warren Lieberfarb, dem Präsidenten von Warner Home Video. Er hielt es für eine gute Idee und beteiligte sich an den Kosten. Das ist der Grund, weshalb wir soviel Material hatten, das wir für die DVD zur Verfügung stellen konnten. Die DVD-Produktion muß man heute von Anfang an mit einplanen.

VW: Wird der Träger DVD die Videokassette komplett ersetzen?

Silver: Es ist nur eine Frage der Zeit, bis es keine VHS-Kassetten mehr geben wird. Die digitale Technologie ist viel effektiver als die Videokassette, sowohl was die Qualität als auch was die Speicherkapazität angeht.

VW: Wird diese Technologie die Filmproduktion beeinflussen?

Silver: Auch das ist nur eine Frage der Zeit. Ich weiß nicht, ob wir es noch erleben, daß Filme komplett digital gedreht werden, aber es wird irgendwann passieren. Letztlich ist es einfach praktischer, digital zu drehen, weil man sich den Prozeß des Umkopierens spart. Beim Filmschnitt ist diese Entwicklung bereits vollzogen, die Umstellung auf Avid ging relativ schnell. Irgendwann wird man Filme digital aufnehmen und auch so auf den Markt bringen.

VW: Wie stark ist der Einfluß der digitalen Technologie auf die Auswertung des Films?

Silver: Die beste Möglichkeit, Filme wie "Matrix" zu sehen, ist, ein Show-Print vom Originalnegativ auf der großen Leinwand eines ausgezeichneten Kinos zu zeigen. Es gibt jedoch viele Kinos, die nicht so gut ausgestattet sind, und zudem bekommen fast alle Kinos einen Film als Kopie. Die DVD basiert jedoch auf dem Originalnegativ. Unter anderem deshalb hat eine DVD ein besseres Bild, als es vielerorts im Kino zu sehen ist. Somit wird die DVD-Auswertung immer wichtiger. Aber bis dahin wird die altmodische Philosophie verfolgt: Erst kommt der Kinostart, dann Video, Pay-TV und Free-TV. Probleme bereiten die Erscheinungstermine und die Produktpiraterie. Die Studios wollen die DVD immer noch zurückhalten, bis die Kinoauswertung abgeschlossen ist. Doch der einzige Weg, Piraterie zu vermeiden, ist, den Film ins Kino zu bringen und ihn zeitgleich auf DVD oder im Internet als Pay-Per-View-Download zu veröffentlichen. Man muß nur dafür sorgen, daß dafür genauso bezahlt wird wie für die Kinoeintrittskarte.

VW: In Hollywood heißt es, "Matrix" habe die alten Regeln des Filmemachens verändert, sei Beginn einer neuen Generation. Was denken Sie darüber?

Silver: Es stimmt, "Matrix" hat das Geschäft verändert. Der Film zeichnet sich durch das Erzählen innovativer Geschichten und durch seine innovative visuelle Gestaltung aus. Der Computer ist nicht mehr nur ein Mittel, um einen Film zu gestalten, sondern Teil der Geschichte selbst. Ich habe gerade den Trailer von "Mission Impossible 2" gesehen. [Tom Cruise](/person/tom-cruise) ist zwar ein guter Freund, aber ich muß sagen, er hat sich stark an "Matrix" orientiert. Das ist schmeichelhaft. Ich denke, man wird sehen, was in Zukunft weiter machbar ist. [Larry](/person/lana-wachowski) und [Andy Wachowski](/person/lilly-wachowski) haben jedenfalls sehr ehrgeizige Ideen für die nächsten zwei Filme.

VW: Verraten Sie uns etwas über die nächsten beiden "Matrix"-Filme?

Silver: Es ist ein gigantisches Projekt, das in zwei Teilen gezeigt wird. Das Drehbuch wird über einen Zeitraum von einem Jahr verfilmt und dann in zwei Filme geschnitten, die im Abstand von einigen Monaten herausgebracht werden. Wir wollen einen Film im Spätherbst oder in der Weihnachtssaison 2002 starten, ihn mit einem Cliffhanger enden lassen und dann im folgenden Sommer 2003 die zweite Hälfte dieses Films zeigen.

VW: Was werden die neuen "Matrix"-Filme kosten?

Silver: Den ersten Teil haben wir für circa 60 Mio. Dollar produziert, sprich: mit der Hälfte der Kosten, die bei solch einem großen Film normalerweise entstehen. Die nächsten zwei Filme werden etwas teurer. Positiv ist: Da es zwei Filme sind, die wir als einen langen Film drehen, können wir günstiger kalkulieren, als es bei zwei separaten Produktionen der Fall wäre. Zudem sind die Wachowkis sehr ökonomische Filmemacher. Sie planen die Dreharbeiten sehr detailliert. Sie wissen genau, was sie wollen und wie sie es wollen. Sie planen 13 Shots am Tag. Das ist nicht ehrgeizig, aber sie schaffen damit immer das Tagespensum und überziehen nicht.

VW: Sie haben einmal gesagt, daß die Besetzung das wichtigste Element für den Erfolg eines Films sei. In diesem Jahr sind in Hollywood die Starvehikelfilme fast ausnahmslos gefloppt...

Silver: Ich meinte damit, daß man die richtigen Leute für die richtigen Rollen finden muß. Der größte Star im falschen Film wird an der Kasse nichts bringen.

VW: Müssen die Projekte noch zielgerichteter auf die Stars hin entwickelt werden?

Silver: Ja. Man muß den richtigen Schauspieler finden, der die Rolle spielt, die man kreiert hat. Man muß die Rolle für den Schauspieler bauen. Die Zuschauer wollen den Filmen glauben, die sie sehen. Sie wollen den Charakteren glauben. Wenn die Filme erstklassig sind, funktionieren sie auch.

VW: Ihr Film "The House on Haunted Hill" wird in Deutschland von Helkon verliehen. Wie kam es zu dieser Kooperation?

Silver: Helkon war wirklich begeistert von "[The House on Haunted Hill](/movie/haunted-hill)". Ich könnte mir vorstellen, daß wir auch weiterhin bei Filmen zusammenarbeiten die Dark Castle produziert. Ich möchte aber erst den Erfolg der Auswertung hierzulande abwarten.

VW: Es heißt, Sie planen die Wiederbelebung von "Wonder Woman"!?

Silver: Ich spiele gerade mit dem Gedanken, wie man "Wonder Woman" wiederbeleben kann. Ich mag das Material. Der von [Carrie-Anne Moss](/person/carrie-anne-moss) gespielte Charakter in "Matrix" ist in unseren Marktforschungen bei allen Zuschauern gut angekommen. So dachten wir, laßt uns diesen Charakter herausnehmen und auf eine andere Ebene bringen - so ist die Idee zu "Wonder Woman" entstanden. Daran arbeiten wir gerade.

VW: Wie kommen Sie mit der neuen Chefetage bei Warner Bros. zurecht?

Silver: Barry Meyer war lange der Präsident der Firma und ist ein alter Freund. Ich bin sehr glücklich, mit ihm arbeiten zu können. Alan Horner kenne ich schon seit Jahren; er war bei Fox und gab mir grünes Licht für "Predator" - auch ein Film, der auf dem Papier schwer vorstellbar war. Deshalb denke ich, es wird auch weiter gut laufen. Bob Daly und Terry Semel waren allerdings Giganten - ohne sie hätte "Matrix" nicht realisiert werden können. Veränderung ist aber unvermeidlich, und wir müssen sie akzeptieren.

Im Gespräch: "Matrix"-Produzent Joel Silver