Blickpunkt:Film

Video

VideoWoche: Hätten Sie noch vor einem Jahr gedacht, mit deutschen Filmen so erfolgreich zu sein?
Peter Wolf: Wir haben im Dezember '96 entschieden, ["Rossini"](/movie/rossini-oder-die-moerderische-frage-wer-mit-wem-schlief) auf Video zu vermarkten. Ich hatte damals sehr gemischte Gefühle, denn der deutsche Film hatte bis dato nicht den besten Ruf. Für uns bedeutete "Rossini" ein doppeltes Risiko, weil die Thematik dieses Films sehr deutsch ist. Daß es dann die richtige Entscheidung war, hat sich erst später erwiesen, als "Rossini" zu einem großen Kinoerfolg avancierte.
VW: Gab es von seiten des Handels Vorbehalte nach dem Motto: "Deutsche Filme laufen sowieso nicht"?
PW: Es gab sehr unterschiedliche Reaktionen. Etwa ein Drittel des Handels war gegenüber "Rossini" sehr skeptisch eingestellt. In dieser Gruppe gab es auch einige, die nur eine Kassette bestellten und dann sagten, sie hätten mit dem Film keine guten Geschäfte gemacht. Ein weiteres Drittel verhielt sich zurückhaltend. Der Rest zeigte sich sehr aufgeschlossen. Ich bin der Meinung, daß sich mit Filmen wie "Rossini" Neukunden gewinnen lassen oder verloren gegegangene Videothekenkunden zurück geholt werden können. Manche Händler haben das auch so gesehen und waren sehr erfolgreich. "Knockin' on Heaven's Door" war ein anderer Fall: Hier stand nach dem Kinoerfolg sehr früh fest, daß der Film auch auf Video sehr erfolgreich sein würde. Allerdings fand ich es schade, daß "Knockin'" nur eine Woche auf Platz eins der Verleihcharts war und dann von "Maximum Risk" verdrängt wurde. Ich hätte unserem Film mehr Standfestigkeit gewünscht. Trotzdem bin ich sehr zufrieden, denn "Knockin' haben auf Video circa zwei Millionen Zuschauer gesehen.
VW: Als Independent sind Sie ständig auf der Suche nach neuen Topprodukten. Sehen Sie im deutschen Film eine Erweiterung Ihrer Lizenzierungsmöglichkeiten?
PW: Sicherlich erweitert der deutsche Film das Potential für den Einkauf von Toptiteln. Er macht die Disposition einfacher. Wir benötigen jährlich vier bis sechs Toptitel. Das ist sehr schwierig zu realisieren, wenn man nur auf US-Produktionen zugreifen kann. Jetzt haben wir die Situation, daß auch deutsche Produktionen das Potential haben, Blockbuster-Status zu erreichen. Das vereinfacht für uns den Einkauf erheblich.
VW: Im nächsten Jahr werden Sie mit "Ballermann 6" wieder einen besucherstarken deutschen Film vermarkten. Ein Videoerfolg steht hier wohl außer Frage?
PW: Mit "Ballermann 6" haben wir unseren nächsten Blockbuster. Aus zwei Gründen wird der Film ein Videohit: Kernzielgruppe sind die fünf Millionen Deutsche, die jedes Jahr "Ballermann" auf Mallorca besuchen. Zielgruppe sind aber auch diejenigen 80 Millionen, die sich über dieses Phänomen ständig aufregen.
VW: Ihre Titel "Rossini" und "Knockin'" wurden nicht für eine Oscar-Nominierung ausgewählt, sondern "Jenseits der Stille". Bedauern Sie das?
PW: Ich bin nicht der Produzent dieser Filme. Insofern berührt mich das nicht so sehr. Aber wenn man es realistisch betrachtet, ist "Jenseits der Stille" eine gute Wahl.

Im Gespräch: Peter Wolf, GF Starlight