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VideoWoche: Vom Großhändler zur Einkaufskooperation. Wie kam's dazu?


Thomas Lacher: Zwischen Großhändler und Einkaufsgruppe besteht kaum ein Unterschied, denn jede so genannte Einkaufsgruppe bedient Kunden, die wiederum Ware zum Weiterverkauf anbieten. Hauptgrund, uns vom Begriff "Großhändler" zu lösen, war die Entscheidung, im Markt ein geschlosseneres Auftreten zu haben.


Arnold Bepler: Man muss auch ein wenig die Vorgeschichte kennen: Der "alte" Thomas Lacher Handelvertrieb war einige Jahre einer anderen Einkaufsgruppierung angeschlossen. Trotz dieser Trennung war Thomas Lacher durch seinen seit Jahren bestehenden Vertrieb organisatorisch in der Lage, für sich und die ebenfalls angeschlossenen Kollegen Lieferungen, Rechnungsstellungen etc. zu übernehmen. Da "Lacher" als Name für die Industrie drei Jahre nicht so präsent war, wollten wir nicht unter der Bezeichnung "Thomas Lacher Handelsvertrieb" weiterarbeiten und haben uns in Home Entertainment Products GmbH umbenannt.VW: Hat es Probleme mit der Industrie gegeben?


AB: Probleme ist vielleicht nicht der richtige Ausdruck. Für uns ergab sich die Frage, wie reagiert die Anbieterseite auf eine "neue" Gruppierung. Nachdem allerdings die ersten Gespräche geführt wurden, stellten wir keinerlei unüberwindbare Hürden fest. Sicher wird man anfangs kritisch beobachtet, was in der Natur der Sache liegt, und es hat einige Monate gebraucht, bis auch die letzten Zweifel seitens der Anbieter ausgeräumt waren. Diese Zeit war auch für uns nicht immer einfach, da auch wir nicht genau wussten, wohin und mit welcher Geschwindigkeit dieser Zug rollt. Jetzt, nach einem Jahr, wissen wir erheblich mehr. Wir sind in dieser Zeit dank unserer Kunden zu einer festen Größe gewachsen.


TL: Es war anfangs erschreckend, mit welchen Gerüchten wir uns auseinandersetzen mussten. Dass es teilweise unterschiedliche Konditionen bei den einzelnen Gruppen gibt, ist bestimmt kein Geheimnis. Aber auch fast jede Gruppe hat verschiedene Vermarktungsmodelle. Jeder sollte auch versuchen, seinen Mitgliedern das für sie beste System anzubieten. Wir arbeiten nach dem System, dass wir von unseren Kunden erwarten dürfen, dass sie selbst am besten wissen, welche Stückzahlen der jeweiligen Titel in ihre Filialen passen.

Daher war es nicht nachvollziehbar, warum gerade wir mit diversen Filmen auf unterstem Preisniveau den Markt verunsichern sollten. Wir arbeiten seriös und müssen daher auch nicht die "billigsten" auf diesem Markt sein. Letztlich schaden sich Gerüchtemacher aber nur selbst, weil die Industrie schnell merkt, wer vertrauenswürdig ist und wer nicht. Mit fast allen Anbietern arbeiten wir hervorragend zusammen.


VW: Also das übliche Hauen und Stechen in der Branche?


AB: Es ist selbstverständlich, dass die Höhe des Bestellvolumens den Einkaufpreis bestimmt. Das ist wohl in jeder Branche so. Priorität der Gruppen darf aber nicht sein, nur den günstigsten Einkaufspreis zu erzielen oder sich gegenseitig die Kunden abzuwerben. Dieser Markt hat ganz andere Probleme. Wenn wir alle in dieser Branche auch in zehn Jahren noch arbeiten wollen, sind solche Spielereien eigentlich überflüssig. Es darf nicht sein, dass wir den Markt kaputt machen. Unser gemeinsames Ziel muss sein, dass der Videofachhandel für die Anbieter eine interessante Vertriebsschiene bleibt.


VW: Man kann aber den Eindruck gewinnen, dass die Gruppen immer mehr an der Preisschraube drehen und die Industrie die Lust am Verleihhandel verlieren könnte.


TL: Wenn man sich den Preisverfall in den letzten Jahren betrachtet, kann man diese These schon vertreten. Ich glaube aber, dass die führenden Gruppen mittlerweile schon erkannt haben, oder noch erkennen werden, dass an dieser Schraube nicht mehr zu drehen ist. Mittlerweile verteilen sich meines Wissens an die 70 Prozent der Videotheken auf die einzelnen Gruppen. Natürlich ist dadurch hier und da eine gewisse Machtposition entstanden. Wenn man sich allerdings der Verantwortung bewusst ist, die man gegenüber seinen Kunden hat, müsste eigentlich jeder wissen, wann der Bogen überspannt ist.


VW: Muss man sich als Chef einer Einkaufsgruppe mehr Gedanken über den Gesamtmarkt machen?


TL: Natürlich muss ich mir Gedanken machen, was für den Gesamtmarkt gut ist. Aber in der Liga der führenden Einkaufsgruppen sind wir nur eine von fünfen. Wenn nur ich mir Gedanken machen würde, würde das sehr wahrscheinlich nur zum Teil den gewünschten Effekt ergeben. Die beiden größten Gruppen, der [DVR](/company/dvr-deutscher-video-ring) und die [emp](/company/emp-entertainment-medien-partner) können natürlich durch ihre Möglichkeiten Akzente setzen. Wenn wir das alle zusammen positiv für die Gesamtbranche umsetzen könnten, wären wir einen gewaltigen Schritt weiter.


VW: Zurück zur H.E.P. Worin liegt der Unterschied zwischen Ihren Kooperationspartnern und Ihren freien Einkäufern?


TL: Die Kooperationspartner schließen mit uns einen Vertrag, der im wesentlichen besagt, mit uns alles gemeinsam einkaufen zu wollen. Daneben gibt es die freien Kunden, die sich nicht binden wollen. Die Kooperationspartner haben natürlich bei den einzelnen Modellen Vorteile, gehen mit uns aber sozusagen auch durch dick und dünn.

"Wichtig ist, dass man harmoniert"

AB: Auf unsere Kooperationspartner mit derzeit etwa 390 Outlets müssen wir uns verlassen können, wir brauchen sie auch als berechenbare Kalkulationsgröße, um die von der Industrie vorgeschlagenen Stückzahlen abnehmen zu können. Mit freien Videotheken, die heute bei uns und morgen woanders einkaufen, ist das sehr viel schwieriger zu managen.

Ich muss gegenüber den Anbietern auch eine einigermaßen erreichbare Stückzahl angeben können und kann ein System auch nur dann umsetzen, wenn ich weiß, welche unserer Kunden dahinterstehen.
Viele Kollegen aus anderen Gruppierungen beziehen über uns Ware aus dem Süßwaren & Merchandisingsortiment ohne das es im Rentalbereich zu Berührungen kommt.


VW: Wie wird man Kooperationspartner?


TL: Wichtig ist, dass man miteinander harmoniert. Deswegen arbeiten wir mit einem interessierten Kunden etwa acht Wochen "auf Probe" zusammen und beide Seiten entscheiden dann für sich, ob ein Vertrag zustande kommt oder nicht. Was es nicht gibt, sind konkrete Abnahmeverpflichtungen nach dem Motto: "Du musst monatlich für beispielsweise 5000 Mark Ware bestellen." Es gibt keine Aufnahmekriterien hinsichtlich der Umsatzgröße. Deswegen haben wir überhaupt keine Vorbehalte gegen sogenannte "kleine Händler", die nur ein Geschäft betreiben.


VW: Apropos "Harmonie". Ist es das, was Ihre Gruppe vielleicht gegenüber einer Größeren auszeichnet?


AB: Ich sage meinen Kunden klipp und klar: Ich kann euch nicht immer den besten Preis, der da draußen irgendwo gehandelt wird, garantieren. Unsere Kunden akzeptieren diese Aussagen, weil wir sie auch darüber informieren, warum und weshalb der eine oder andere Titel scheinbar so "unglaublich günstig" zu bekommen ist. Hier ist ganz einfach Aufklärung alles.

Und diese Informationen sind unseren Kunden mehr wert als so manche angebliche "Preissensation". Obwohl wir nicht alle in einem Haus sitzen, muss man ganz klar betonen, dass es zwischen den einzelnen Mitarbeitern im "Lacher-Team" eine unglaublich gute Zusammenarbeit gibt. Und diese Harmonie bemerken sicher auch unsere Kunden. Häufig geht es doch um diese banalen Alltagsgeschichten: Ein Poster wurde zerrissen angeliefert oder die Kassette ist defekt.

Harmonie bedeutet auch, dass man sich um diese Dinge kümmert. Deswegen tun wir alles, um beim Service auch in Zukunft noch mehr zuzulegen. Service, Zuverlässigkeit und Vertrauen sind mittlerweile zu den wichtigsten Punkten in einem Verbund geworden. Für Manche ist das sogar wichtiger als der Einkaufspreis.


VW: Aber geht es am Ende nicht doch nur um den besten Preis, und alles andere ist zweitrangig?


TL: Dann frage ich Sie: Was ist der beste Preis? Wenn ich für 20 Kassetten jeweils 50 Mark zahle und damit 1000 Mark einspiele, oder wenn ich für zehn Kassetten jeweils 60 Mark zahle und 1000 Mark einspiele? Entscheidend ist doch die Rendite, die ich erwirtschafte. Wir sehen unsere Aufgaben nicht darin, die Geschäfte unserer Kunden mit Ware voll zu stopfen. Deswegen leisten wir Beratung beim Einkauf und empfehlen im Einzelfall bei diesem oder jenem Titel etwas mehr zu bestellen. Aber am Ende muss jeder Kunde selbst wissen, was für ihn richtig ist. Ich diktiere keine Abnahmemengen.


VW: Das hört sich nicht so an, als ob Sie ein großer Verfechter von Kopientiefe wären?


TL: Selbstverständlich ist Kopientiefe wichtig, und ich könnte es mir in meinem eigenen Laden nicht erlauben, Kunden am Wochenende ohne den Wunschfilm nach Hause zu schicken. Aber es gibt in unserer Branche ab und an Übertreibungen: Ich kenne Händler, die eine Kopientiefe fahren, bei der sie nach einer Woche die Kassetten rausziehen und verkaufen müssen. Das kann es nicht sein.


VW: Wie sehen Ihre Wachstumsziele aus?


TL: Wir wollen ohne konkrete Vorgabe wachsen. Ich gehöre nicht zu denjenigen, die laut herumerzählen, zu einem bestimmten Zeitpunkt zehn oder 20 Prozent Marktanteil haben zu müssen. Mir geht es nur um saubere Arbeit und zufriedene Kunden.


VW: Eine Schwierigkeit im Handel scheint zu sein, beim Einkauf VHS und DVD vernünftig auszutarieren?


TL: Ich halte es für gefährlich, wenn sich Videothekare zu früh von VHS abwenden: Noch ist der quantitative Unterschied von Videorekorder- zu DVD-Haushalten so groß, dass ich der VHS nach wie vor meine volle Aufmerksamkeit schenken muss. Bei mir hat es sich bewährt, weiterhin die gleichen Stückzahlen für VHS zu kaufen und die DVD dazuzubestellen, also das Einkaufsbudget für den Verleih insgesamt zu erhöhen. Da ich mit der DVD neue Kundenkreise erschlossen habe, ist mir auch kein Verlust entstanden. Im Gegenteil: Den Mehrumsatz durch DVD kann ich wieder reinvestieren.

Also: Wer zu früh das Einkaufsbudget für VHS reduziert, erreicht eigentlich gar nichts, außer, dass VHS-Kunden die Lust verlieren in die Videothek zu kommen. Natürlich wird der Tag kommen, an dem ich VHS reduzieren muss, aber ich bin nicht der Prophet, der sagen kann, ob das bereits im Herbst oder erst in fünf Jahren der Fall sein wird.


VW: In Ihrer eigenen Mediathek ist DVD sehr stark vertreten.


TL: Ich wundere mich manchmal selbst, wie gut der Verleih von DVDs bereits läuft. Das Gleiche gilt für den Verkauf. In meinem Geschäft führe ich ein Sortiment von etwa 2000 Titeln. Mit einem solchen Angebot funktioniert auch der Verkauf sehr ordentlich.


AB: Videotheken, die vor Jahren den Verkauf von neuen VHS eingestellt haben, werden sich sicher schwer tun, nun in den DVD-Verkauf einzusteigen. Die Bedenken eines Preisverfalls oder die Dumpingangebote einiger Elektrofachmärkte sind immer noch in den Köpfen dieser Händler.

Aber trotz dieser Negativ-Erfahrung sollten diese Händler damit anfangen - und sei es nur mit den jeweiligen fünf bis zehn wichtigsten Titeln eines Monats. Sie werden feststellen, das sich diese Kaufkundschaft bereits in seinen Videotheken befindet. Sie wissen es nur noch nicht. Worauf ich das Interesse besonders lenken möchte, ist das Angebot von DVD-Titeln mit FSK-18, auch jene die indiziert sind: Ein Potenzial, das wir unbedingt nutzen müssen.

Ob VHS oder DVD: Ein Titel wie "[Blade](/movie/blade_0)" oder auch ältere Klassiker wie "[Mad Max](/movie/mad-max)" sind mit FSK-16 kaum zu verkaufen, selbst Kunden ohne Spezialwissen kennen sich da inzwischen aus. Mit FSK-18-Versionen hingegen können wir tolle Umsätze machen, ohne sie, wie im Elektrofachmarkt, verschämt unter der Theke heraus zu kramen.


VW: Wird es auch für DVDs einen schwunghaften Gebrauchthandel geben?


AB: Ich kenne einige Händler, die schon vor einigen Monaten die Courage hatten, von einem Titel zehn oder 15 Leih-DVDs ins Regal zu stellen, um festzustellen, dass diese nach vier Wochen an Kunden verkauft werden können. Die meisten haben noch keinen ausreichenden Bestand, aber dieses Geschäft mit gebrauchten DVDs wird sich in naher Zukunft gut entwickeln, da mittlerweile auch bei DVDs in Kopientiefe investiert wird.


VW: Ein Wort zur aktuellen Fenster-Diskussion.


AB: Im Grunde genommen ist das eine alte Diskussion, weil es bei VHS schon vor Jahren ein Thema war. Fakt ist einfach: Diejenigen Anbieter, die ein Fenster für Leih-DVDs einrichten, finden großen Beifall des Handels. Ich sage auch: Es muss kein sechsmonatiges Fenster sein. Wir wollen DVDs exklusiv haben, wofür acht bis zwölf Wochen ausreichend wären.

Ich hatte kürzlich im Saarland den Fall, dass ein MediaMarkt einen brandaktuellen Toptitel auf DVD für 29,95 Mark anbot, den die Videotheken am selben Tag zu einem wesentlich höheren EK bekommen hatten. Würde der MediaMarkt diesen Titel z.B. acht Wochen später zu 29,95 Mark anbieten, würde er das gleiche - nämlich einen guten Zulauf - erreichen.

Es gab ja auch Zeiten, in denen diese Märkte Ihre Blockbuster auf VHS erst ein halbes Jahr nach Videostart anbieten konnten. Dieses "Fensterbeispiel" würde eventuell beiden Seiten dienen. Video- und Mediatheken hätten ihre Exklusivität und auch der neueste "Schwarzenegger" oder "[3 Engel für Charlie](/movie/3-engel-fuer-charlie)" wären für die Verkaufsmärkte auch nach zwei Monaten noch ein "heißes Eisen".


VW: Wie haben Sie die Aufregung über Rental-Sharing (RS) verfolgt?


TL: Ich habe die RS-Tests als ungleichen Wettbewerb empfunden: Es ist nicht fair, wenn ein RS-Teilnehmer 100 Kassetten für kleines Geld einkaufen kann, und der Kollege hundert Meter entfernt nicht mehr ein noch aus weiß, wie er auch nur annähernd auf eine solche Kopientiefe kommen soll.

Ich bin kein prinzipieller Gegner von RS, aber mir scheint sich folgender Widerspruch zu ergeben: An einem Standort gibt es beispielsweise vier Videotheken. Würde jeder RS praktizieren, würde das System nicht funktionieren sondern ganz schnell zusammenbrechen, weil es für diese Stückzahlen einfach keine Nachfrage gäbe.

Praktiziert nur einer RS, haben die anderen das Nachsehen, weil es den Wettbewerb so maßlos verzerrt. Ich bin letztendlich zufrieden, dass es vorbei ist - aber keineswegs schadenfroh gegenüber den Kollegen die mit diesem System gearbeitet haben.


VW: Wie stehen Sie zur Sonntagsöffnung?


TL: Ich bin ein klarer Befürworter der Sonntagsöffnung. Wir würden mehr als 60 Tage zusätzlich öffnen können und der Fall Hamburg beweist, welche Mehrumsätze möglich sind.

"Bedrohungsszenarien sind ein alter Hut"

VW: Kollegen von Ihnen glauben, dass es in fünf Jahren keine Videotheken mehr gibt, weil Video-on-Demand und andere Übertragungsmöglichkeiten der Branche den Garaus bereiten werden.


TL: Diese Bedrohungsszenarien sind ein alter Hut: Schon vor Jahren meinten die Experten, dass es 2001 keine Videotheken mehr geben könne. Wir lange wird schon versucht, Video-on-Demand zu etablieren? Wie lange versucht Premiere auf einen grünen Zweig zu kommen? Wir haben seit Jahren kontinuierliche Umsatzzuwächse zu verzeichnen. Aus mittelfristiger Perspektive sehe ich nicht, dass es bergab gehen sollte. Immer unter der Maßgabe, dass wir uns vernünftig positionieren und das Kaufgeschäft optimieren.

In meinen Laden kommen unter anderem Kunden, um eine Stunde an der Bar einen Cocktail oder einen Kaffee zu trinken, um sich mit Freuden zu treffen, oder um sich mit den Angestellten über die neuesten Produkte zu unterhalten. Ich frage Sie: Wie soll diese Form der Kommunikation funktionieren, wenn ich einen Film am PC downloade?

Im Gespräch: Thomas Lacher und Arnold Bepler, H.E.P.