Blickpunkt:Film

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D&V: Was empfanden Sie, als Sie den Film zum ersten Mal sahen?

Friedman: Ich habe damals in Frankfurt die Deutschlandpremiere organisiert. Meine Eltern lebten noch, und ich habe mit meiner Mutter den Film angeschaut. Es war für mich schon tief bewegend, vieles in Bildern zu sehen, was mir meine Eltern ursprünglich nicht erzählen wollten. Zum Beispiel das Entwürdigtwerden, die Szenen mit Amon Göth im Lager. Ich habe tierisch geweint.

D&V: Film ist Fiktion und deshalb selten authentisch. Wie nahe kommt "Schindlers Liste" der Reallität?

Friedman: Ein Film ist ein sehr stark emotionaler Vorgang, ob nun die Musik oder der Schnitt. Es ist eine andere Wahrnehmung als die reale. Die reale Wahrnehmung war und ist die stärkste Wahrnehmung geblieben. Kein Film kann das Leben ersetzen. Film und Kunst können nur versuchen, Zusammenhänge interpretatorisch darzustellen. Aber der Film ist dennoch sehr authentisch.

D&V: Deutschland ist bei der Aufarbeitung der Nazigeschichte von Guido Knopp beeinflusst. Wie haben Sie die Diskussionen zum Kinostart von "Schindlers Liste" erlebt?

Friedman: Nun, das war ja vor Gudio Knopp, wobei seine Arbeit eine sehr wichtige ist. Wichtig war die Tatsache, dass entgegen aller Vorhersagen sehr viele junge Leute in den Film gegangen sind. Das Totschlagargument "Wir haben genug, wir können es nicht mehr hören" stimmte einfach nicht. Man hat in den Diskussionen gemerkt, dass Jugendliche viel neugieriger sind, als Erwachsene es annehmen wollen. Dass man in einer so furchtbaren Zeit trotzdem in der Lage ist, menschlich zu reagieren, hat viele bewegt.

D&V: Braucht es immer wieder neue Filme, um diese Thematik jungen Menschen näher zu bringen?

Friedman: Wo, wenn nicht in Kultur und Kunst, haben wir überhaupt die Chance, das scheinbar Unbegreifbare und Unverstehbare in eine Form zu übersetzen, mit der wir einen Zugang bekommen, um uns Dinge vorzustellen, die uns sonst erschrecken? Film ist der manchmal hoffnungslose, aber manchmal auch hoffnungsvolle Versuch, uns an Dinge heranzuwagen, die wir rational argumentativ nicht übersetzen können. Und nur in der Kombination von Emotionalität und Rationalität finden wir einen Zugang.

D&V: Wie kann die DVD helfen?

Friedman: Die DVD erzeugt eine besondere Intimität. DVDs schauen Sie in der Regel zu Hause an, im Kreise von Freunden oder Familie, selten allein. So kann ein Diskussionsprozess, der im Kino nach dem Herausgehen unterbrochen wird, sehr unmittelbar fortgesetzt werden. Wenn es den einen oder anderen irritiert, den einen oder anderen motiviert, den einen oder anderen aufwühlt, ist schon viel damit passiert. Man darf Kunst nicht überfordern, aber man darf sie auch nicht unterschätzen.

D&V: Abschließend: Sind Sie selbst DVD-Nutzer?

Friedman: Ja, ich schaue DVDs, und ich gehöre mittlerweile zu denjenigen, die wissen, wie ein DVD-Player zu bedienen ist.

Michel Friedman über die DVD "Schindlers Liste"