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Blickpunkt:Film: Welche Erfahrungen haben Sie mit dem Krieg?

Danis Tanovic: Am Anfang habe ich intuitiv mit der Kamera die Ereignisse festgehalten, dann habe ich für die bosnische Armee gefilmt - der Filmemacher als Soldat. Jeder, der irgendwann auch nur bruchstückhaft einen Krieg erlebt, wird diese Absurdität spüren. Am Ende gewöhnt man sich an Unmenschlichkeiten, aber in der Seele trägt jeder einen Schaden davon.

BF: Was war der Ausgangspunkt Ihrer Geschichte?

DT: Ich wollte keinen dieser üblichen Kriegsfilme mit so genannten Helden drehen, sondern eine kleine Geschichte, die den Wahnsinn umso deutlicher demonstriert. Dass die Geschichte im Schützengraben zwischen den Frontlinien passiert, steigert den Irrwitz noch. Die Wurzeln des Krieges liegen nicht zuletzt in der Angst vor dem anderen. Um die zu bekämpfen, gehen sogar zivilisierte Menschen aufeinander los. Mein Film stützt sich nicht auf einen realen Vorfall, sondern ist als Metapher zu verstehen.

BF: Welchen Einfluss haben Künstler in Zeiten des Krieges?

DT: Ein Film kann zum Nachdenken anregen. Ich mache ein Statement gegen die Gewalt auf beiden Seiten und verzichte auf Schuldzuweisungen. Politische Entscheidungen werden woanders getroffen. Würde ich über eine Atombombe verfügen, hätte ich mehr Macht. Ich weise als Regisseur auf bestimmte Fakten hin und hoffe, etwas zu verändern. Aber was nützt es, sich als Idealist zu fühlen? Die Welt funktioniert leider nicht nach unseren Vorstellungen.

BF: Kommt aus dieser Haltung heraus Ihr Humor an der Grenze zum Zynismus?

DT: Mein Humor ist absolut reiner Zynismus und keinesfalls typisch bosnisch, sondern findet sich überall. Zynismus halte ich für eine Form der Selbstverteidigung, die letzte Waffe eines wachen Verstandes.

BF: Warum das pessimistische Ende Ihres Films?

DT: Das Leben hat nie ein Happy End, oder ich müsste lügen. Dieser Bosnier, der auf einer Mine allein zurückbleibt und stirbt, wenn er sich bewegt, versinnbildlicht die explosive Situation meines Landes. Der jetzige Frieden steht immer auf der Kippe. Trotzdem hoffe ich, dass jeder kapiert, dass Hass keine Lösung ist.

BF: Glauben Sie noch an ein friedliches Zusammenleben?

DT: Wenn nicht, könnte man gleich den Strick nehmen. Heute liegen sich doch auch Chirac und Schröder, Repräsentanten der früheren Erbfeinde Frankreich und Deutschland, wie ein Liebespaar in den Armen.

BF: Wie haben Sie den Film finanziert und produziert?

DT: Ich habe mein Drehbuch an drei Produktionsfirmen geschickt. Die französische Noé Productions meldete sich schon nach zwei Tagen. Das niedrige Budget von 1,5 Mio. Euro barg auch kein großes Risiko. Allerdings machte uns das Wetter einen Strich durch die Rechnung.

BF: Welche Angebote brachte der Oscar für den besten ausländischen Film?

DT: Es gab eine Reihe von Angeboten, auch aus Amerika, aber man muss ja nicht alles nehmen. Ich ziehe lieber meine eigenen Projekte durch, fremde Stoffe interessieren mich nicht übermäßig. Der Oscar öffnet Türen, Produzenten haben plötzlich ein offenes Ohr. Aber die ganze Aufregung legt sich auch schnell.

BF: Was kommt als Nächstes?

DT: Ich befinde mich im Schreibprozess. RAI Cinema interessiert sich für das Projekt und finanziert teilweise auch das Drehbuch. Sicher ist, dass ich in Europa produziere und vielleicht in Nordafrika drehe. Ich habe meine eigene Produktionsfirma, das gibt mir einen guten Status.

Regisseur Danis Tanovic zu "No Man's Land"