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Kino

Blickpunkt:Film: Ist "Väter" so etwas wie eine deutsche Version von "[Kramer gegen Kramer](/movie/kramer-gegen-kramer)"?

Dani Levy: Wenn Menschen sich trennen, gibt es sehr oft Ähnlichkeiten im Verhalten. Das ist auch schon alles. Für mich ist "Väter" ein Liebesfilm, und Trennung gehört nun mal dazu. Ich habe mich mit dem Thema beschäftigt, als ich selbst Vater wurde. Wahrscheinlich spielen meine unterbewussten Ängste eine große Rolle, ich möchte nie in diese Situation kommen. Aber in so einem Konflikt potenziert sich die Spirale der Verletzungen, da gehen Objektivität und Intelligenz flöten. Nach dem neuen Sorgerecht haben Vater und Mutter das gleichberechtigte Umgangsrecht. Nur sieht das in der Praxis anders aus. Wir stoßen mit dem Film an ein gesellschaftliches Grundverständnis.

BF: Die Frauenrolle, dargestellt von [Maria Schrader](/person/maria-schrader), ist ziemlich ambivalent angelegt.

DL: Da gab es einige Diskussionen. Es war ein Drahtseilakt, die Protagonistin gut dastehen zu lassen, obwohl sie richtig böse Fehler macht. Diese Ambivalenz von Figuren wird bei uns nicht mehr zugelassen. Genau das ist der Punkt, an dem ich es mir so schwer mache, ich bestehe auf einer Form von Wahrheitsgehalt. Das passt natürlich nicht allen. Wir haben es verlernt, Kommerzialität und Konflikt zu verbinden. Was als kommerziell gilt, ist nett, tut nicht weh und fordert uns nicht, bringt uns aber auch nicht weiter.

BF: Erstmals haben Sie ein Projekt nicht von Anfang an entwickelt.

DL: Normalerweise finde ich das Schreiben immer am schönsten. In diesem Fall bot mir [Günter Rohrbach](/person/prof-dr-guenter-rohrbach) den Stoff an, und ich bin der Glückseligkeit beim Drehen näher gekommen als mit meinen anderen Filmen.

BF: Sie haben auf Digital-Video gedreht, werden Sie weiter damit arbeiten?

DL: Das hängt vom Projekt ab. Gerade am Anfang, bei den sehr nervösen Szenen, war die Digi-Kamera hilfreich. Man hat viel mehr Möglichkeiten in der Bildgestaltung. Der Vorteil liegt darin, dass man den Film schon mal im Rechner hat und den Look bestimmen kann, was Farben und Lichtbestimmung betrifft. Mit dieser Technik kann ich ein Bild herstellen, das voll Cinemascope-tauglich ist, knackig aussieht. Man hat nicht das Gefühl von Home-Video, sondern das eines großen Kinofilms auch mit Dolby-Digital-Sound. Dazu kommt die Kostenfrage. Wir hatten keine Projektfördermittel und offiziell nur 1,5 Mio. Euro zur Verfügung, mit Rückstellungen vielleicht 2,2 Mio. Euro. Da kann man das Geld nicht zum Fenster rauswerfen.

BF: Eigentlich erstaunlich, dass das Thema nicht auf Förderresonanz stieß.

Verbindung von Konflikt und Kommerzialität

DL: Er wurde überall abgelehnt. Deshalb plädiere ich für mehr Toleranz in den Gremien. Das Beispiel "Väter" zeigt, dass die Leute weder über eine Form von Fantasie noch über eine Vision verfügen oder auch nur bedingt ahnen, was es bedeutet, diesen Film in Deutschland zu machen. Für mich ein Beweis, wie festgefahren die Klischees in den Köpfen sind. Ich wünsche mir kontrovers diskutierende und professionelle Entscheider. Ich bin nicht der Einzige, der mit Schwierigkeiten kämpft, um einen Film auf die Beine zu stellen. Dominik Graf oder Oskar Roehler geht es doch ähnlich. Man schaut hierzulande mit einem gierigen Auge auf die Kommerzialität. Da bleibt eine Menge inhaltlicher und formaler Lebendigkeit auf der Strecke, bei einer Reduzierung auf Erfolgsförderung fliegt alles Sperrige und nicht Stromlinienförmige raus. Allerdings sollte man nicht nur den Förderinstitutionen den Schwarzen Peter zuschieben. Nicht jeder von uns hat die tollen Bücher in der Schublade liegen, die man uns nicht realisieren lässt.

BF: Woran liegt es, dass die Schere zwischen so genannter "reiner" und "anspruchsvoller" Unterhaltung inzwischen wieder so weit auseinander klafft?

DL: Bei uns herrscht immer noch die fatale Trennung zwischen E- und U-Film. Das heißt, entweder dreht man ernsthafte Filme oder unterhaltende. Wir sind natürlich ein intellektuelles Völkchen und haken bestimmte Dinge auf eine Art sehr spröde ab, statt uns manchmal auf triviales Gebiet zu wagen. Wir sollten von anderen Europäern lernen. Da entstehen lebendige Werke wie "[Elling](/movie/elling)" mit ganz einfachen Mitteln. Auch die Engländer haben uns mit "Ganz oder gar nicht" und "[Billy Elliot](/movie/billy-elliot-i-will-dance)" vorgemacht, wie man mit sozialen Themen kommerziellen Erfolg haben kann. Die gesellschaftliche Komödie, die etwas über das Leben erzählt, dieses Genre fehlt bei uns.

Dani Levy zu "Väter" und Filmen in Deutschland