Blickpunkt:Film

Kino

Blickpunkt:Film: Warum gibt es jetzt mehr nicht-musikalisches Programm bei Viva?

Dieter Gorny: Zunächst einmal möchte ich klarstellen, dass unser Programm immer noch zu 71 Prozent aus Musik besteht. Wir haben unser Abendprogramm nur geändert, weil es sich hierbei für Musikfernsehen nicht um eine Primetime handelt. Man steht hier in direkter Konkurrenz zu den "normalen Fernsehsendern". Auch unser direkter Mitbewerber begründet seine Marktführerschaft ausschließlich auf den Abend. Unser strategischer Ansatz war es daher, nach zehn Jahren Viva gezielt an diesem Punkt anzugreifen. Es gilt, das Profil für das neue Viva zu schärfen. Wenn dies am Abend geklappt hat, werden wir auch weitere Programmsegmente überarbeiten.

BF: Nach welchen Kriterien haben Sie das nicht-musikalische Programm zusammengestellt?

DG: Wenn man ein solches Konzept erstellt, wird schnell klar, welche Programme ein Medium verträgt und welche nicht. Konkret heißt das z. B. das Long-Form-Programme im Umfeld des von Kürze geprägten Musikfernsehens nicht funktionieren. Alle Formate mit einer Länge von bis zu 30 Minuten vertragen sich hingegen gut mit dem Nutzerverhalten. Inhaltlich konzentrieren wir uns neben animierten Programmen, sehr stark die Traditon des Hauses beachtend, auf Comedy-Formate. Das ganze wird angereichert durch preisgekrönte internationale Formate, die erstmals im deutschen TV zu sehen sind. Wichtig ist, dass das Programm erwachsener wirkt und dass es zeigt, dass sich Viva auch im internationalen Sinne verändert hat. Zukäufe wie "Ali G." oder "Crank Yankers" werden mit Eigenproduktionen wie "Fleischmann TV" kombiniert. Hier profitieren wir von der Kreativität unserer Tochtergesellschaft [Brainpool](/company/brainpool-tv).

BF: Spielfilme wird es demnach nicht zu sehen geben?

DG: Ich denke, dass man mit solchen Langformaten nicht nur die Erwartungen des Musikfernseh-Publikums enttäuschen, sondern sich auch zu verwechselbar mit anderen Sendern machen würde.

BF: Wie hoch soll der Anteil an Eigenproduktionen in dieser Programmschiene sein?

DG: In dieser Hinsicht gibt es keine Vorgaben. Vorrangig ist, dass ein Programm in unser Konzept passt und dass wir es idealerweise als deutsche Erstausstrahlung präsentieren können. Unser Content Vorstand Jörg Grabosch verfügt über die entsprechenden Kontakte und hat etwa "Ali G." exklusiv für Viva nach Deutschland geholt. Es gibt hier Ausnahmen wie z. B. "South Park", das wir unbedingt für unser spätes Abendprogramm haben wollten. Dafür haben wir eine Zweitlizenz von [RTL](/company/rtl-television) erworben.

BF: Wie war die Resonanz auf die Programmänderung?

DG: Bislang sehr gut. Wir konnten z. B. bei den 14- bis 29-Jährigen unseren Marktanteil im 22-Uhr-Slot mit "Fleischmann" und "South Park" verdreifachen. Ab dem Sommer werden wir GfK-Quoten zu unseren Programmen vorlegen können. Bei den Tagesmarktanteilen in dieser Zielgruppe sollte dann eine Zwei vor dem Komma stehen. Diesen Wert wollen wir möglichst noch steigern.

BF: Was halten Sie von kritischen Stimmen seitens der Musikindustrie?

DG: Unsere Programmreform betrifft einen Zeitbereich, der in musikalischer Hinsicht erfahrungsgemäß wenig genutzt wird. Weiterhin gilt die bereits erwähnte freiwillige Quotierung, dass wir mehr als 70 Prozent unseres Programms mit Musik bestücken. Trotzdem steht Viva nicht abseits des Marktes. Deshalb müssen wir auch Maßnahmen ergreifen, um unser Programm wirtschaftlicher zu gestalten. Dies haben wir jederzeit offen kommuniziert. Die negativen Reaktionen von Teilen der Musikindustrie kann ich daher absolut nicht verstehen. Meiner Ansicht nach war dies eine überflüssige Diskussion.

BF: Welche Rolle spielt für Sie die Zusammenarbeit mit Vollprogrammen?

DG: Wir decken einen sehr engen Bereich ab. Das tun wir sehr fokussiert und sehr erfolgreich, müssen aber dennoch ein Interesse daran haben, die Marke Viva noch bekannter zu machen. Hier sind Events wie die "Comet"-Verleihung in Zusammenarbeit mit RTL natürlich sehr hilfreich. Gleiches gilt für das Robbie-Williams-Special, das wir mit [ProSieben](/company/prosieben-television) realisiert haben. Prinzipiell sind wir für die Zusammenarbeit mit allen Sendern offen.

BF: Ist dabei auch ein Programmaustausch, etwa mit RTL, möglich?

DG: Wenn es Sinn macht, natürlich. Wir sind daran interessiert, attraktive Programme für Viva zu akquirieren, die aber auch finanzierbar sein müssen. Dies lässt sich mit Partnern leichter realisieren.

BF: Die klassischen Werbeumsätze im TV-Bereich gehen zurück. Welche Rolle sollen sie für die Viva Media AG in Zukunft spielen?

DG: Eine so große wie eben möglich. Der wichtigste strategische Schritt im Hinblick auf neue Einnahmequellen war für uns die Übernahme des Produktionshauses Brainpool. Damit haben wir das direkte Abhängigkeitsrisiko von der Werbung halbiert. Andere Bereiche wie Events oder Licensing und Merchandising sind Zusatzquellen, die aber Werbung und Produktion in ihrer Erlöskraft nicht ersetzen können.

BF: Welche Perspektiven bietet die Verbindung von Fernsehen und Internet?

DG: Bei unserem Programm Viva Plus, das als Multimedia-Fernsehen konzipiert ist, spielt dieser Bereich wieder eine Rolle. Allerdings sind die Träume, Internet zum Broadcast-Medium machen zu können, bislang nicht wahr geworden. Es funktioniert nur als Additiv.

BF: Welche Rolle spielt Ihr Hauptgesellschafter [AOL Time Warner](/company/warnermedia) für Ihre Zukunftspläne?

DG: Ich habe nie einen Hehl daraus gemacht, dass wir ohne einen starken amerikanischen Partner international in der Entwicklung deutlich langsamer sind. Natürlich auch im Hinblick auf Programmressourcen. Letztlich basiert der gesamte Erfolg unseres Wettbewerbers auf Programmen aus den USA, die hier synchronisiert gesendet werden. So denken Fernseh-Networks. An ähnlichen Strukturen müssen wir auch arbeiten.

BF: Wie sieht Ihre Vision für die nächsten zehn Jahre Viva aus?

DG: Vernünftig wachsen. Wir wollen den Markt mit allen Vernetzungen, die entstehen werden, mitgestalten. Dabei ist uns die musikalische Antriebskraft sehr wichtig, auch wenn uns bisweilen Gegenteiliges nachgesagt wird. Auch die Gründung von Musik-Spartenkanälen sehe ich als Perspektive. Sobald der Markt digital wird, diversifiziert sich das Angebot. Das hat man z. B. in Großbritannien gesehen.

Dieter Gorny über Strategien und neues Viva-Programm