Blickpunkt:Film

Kino

Im Rahmen der Kinoprogrammpreise in Nordrhein-Westfalen wurde Michael Meyer mit dem Ehrenpreis gewürdigt. Wir sprachen mit dem Kinobetreiber, der insgesamt sechs Kinos in drei Städten betreibt.

**Sie wurden mit dem Ehrenpreis bei den Kinoprogrammpreisen ausgezeichnet, der das Lebenswerk im Dienst von Kino- und Filmkultur auszeichnet. Wie blicken Sie auf dieses Lebenswerk? Was schreiben Sie sich selbst auf die Fahnen, wo Sie besonders prägend für die Filmlandschaft in NRW waren?**

**Michael Meyer:** Von dem Preis selbst war ich absolut überwältigt. Die Frage zum Lebenswerk ist allerdings nicht so einfach zu beantworten, deshalb will ich das auch gar nicht versuchen. Aber ich wollte schon immer unbedingt Kino machen, schon mit 15 oder 16 Jahren kam dieser Wunsch bei mir. Damals war ich auf einem Internat und wir mussten kilometerweit laufen, um überhaupt ins Kino gehen zu können. Und auch im Internat selber haben wir irgendwann angefangen, Filme zu zeigen, die wir uns von den Verleihern ausgeliehen hatten.

**Wie sah dann Ihr Werdegang aus?**

**Michael Meyer:** Ich habe mich in Bonn als Filmvorführer beworben. Das Bewerbungsgespräch hat zwei Stunden gedauert, weil ich mich total nett mit dem Theaterleiter unterhalten habe und ihm gesagt habe, was mir alles vorschwebt. Ich wollte auf keinen Fall nur die Filme vorführen, sondern morgens ins Büro kommen und lernen, wie es funktioniert, ein Kino zu leiten. Damit stieß ich auf offene Ohren und wurde von Anfang an unterstützt. Nach ein paar Monaten hatte ich dann eher den Job eines Theaterleiter-Assistenten. Relativ jung habe ich dann irgendwann die Theaterleitung der Kinos übernommen. Es war aber natürlich auch nicht immer leicht, man muss die Menschen fürs Kino begeistern und motivieren.

**Haben Sie sich diesen Wunsch, die Menschen immer wieder aufs Neue zu begeistern, bis heute beibehalten?**

**Michael Meyer:** Klar, ein bisschen schon noch (lacht). Und natürlich gehen wir immer mit der Zeit: Wir hatten bisher einen Sony 4k-Projektor in den Kinos, gerade sind wir dabei die Laserprojektoren zu installieren. Es ist einfach wichtig, dass man immer auf dem neuesten Stand bleibt. 

**Insgesamt betreiben Sie sechs Kinos in drei Städten – wie kam das zustande?**

**Michael Meyer:** Genau, wir haben Kinos in Bochum, Gelsenkirchen und Dorsten. In Gelsenkirchen ist die Schauburg beheimatet, ein historisches Kino, das 1929 eröffnet wurde und noch in vielen Elementen wie damals erhalten ist. Dorsten hat sich ergeben, das Kino dort war zunächst insolvent und wir haben uns verständigt, dass ich das übernehmen könnte. Zufällig habe ich etwa zeitgleich das Multiplex in Gelsenkirchen, das Apollo, übernommen. Jedes Kino, das ich übernommen habe, musste immer interessant sein – es muss einen inspirieren, damit man dann etwas Neues damit machen möchte. Meistens habe ich Kinos übernommen, die nicht mehr so gut liefen oder bereits geschlossen waren.  Aber nicht nur das Publikum zu gewinnen ist eine Herausforderung, auch die Interessen der Verleiher und Kinobetreiber sind oft unterschiedlich.

![Schauburg Kino in Gelsenkirchen (Credit: IMAGO/ Funke Foto Services)](https://s3.eu-central-1.amazonaws.com/zone.busch.store.image/9d6b6b94-cd8c-4825-ba40-d023899f477b.jpg)

**Es wird ja immer wieder über die Verleihpolitik einiger Verleiher diskutiert…**

**Michael Meyer:** Es ist einfach nicht mehr zeitgemäß, dass man manche Filme dann grundsätzlich für mindestens drei Wochen zeigen muss. Alle Kinos machen mit, weil man dann schon einen Kompromiss findet, aber es ist mühselig. Das führt in der Konsequenz dazu, dass man Filme, die gut laufen, dann nicht mehr zeigt, weil man einen anderen Film zeigen „muss“. Ich sage das in Anführungszeichen, denn ich glaube eigentlich nicht daran, dass man einen Film, der am Wochenende nur 50 Besucher hatte, wirklich weiterhin spielen muss. Ich weiß nicht, ob man das rechtlich durchsetzen kann… Aber so genau will ich darüber jetzt auch nicht diskutieren.

**Zurück zu Ihren Kinos: Fällt es Ihnen schwer die Balance zwischen sechs Spielstätten zu halten?**

**Michael Meyer:** Es bleibt spannend. Ich betreibe ja Multiplex- und Arthousekino, was natürlich ganz unterschiedliche Herausforderungen mit sich bringt und immer aufregend ist.

**Sie sprechen bereits Multiplex- und Arthouse-Kinos an. Inwiefern haben diese sich in den letzten Jahren unterschiedlich entwickelt – insbesondere nach der Pandemie?**

**Michael Meyer:** Die Pandemie war natürlich ein großer Schock, aber so konkret kann man die Unterschiede nicht benennen. Es gibt als Beispiel im Arthouse-Bereich das Kino Café, das eher ein älteres Publikum anspricht und immer noch nur 70-80 Prozent der Besucher erreicht, die wir früher hatten. Es ist interessant, wie lange die Menschen brauchen, um wieder zurück in die Kinos zu kommen. Das Hauptproblem besteht vermutlich in den Streamingdiensten, die während der Pandemie sehr stark zugenommen haben.

**Aber spezielle Unterschiede in der Entwicklung von Arthouse und Multiplex sehen Sie nicht?**

**Michael Meyer:** Das ist schwer zu sagen… Die jungen Leute gehen auf jeden Fall überwiegend in die Multiplexe, nicht so sehr in den anspruchsvollen Kinobereich. Allerdings werden die Arthouse-Filme auch nicht mehr nur exklusiv im Programmkino, sondern teils auch in den größeren Kinos gezeigt. Ein Beispiel, wo man die Unterschiede stark merkt, ist der Concession-Bereich: Das Multiplex ist ein Ort der Zerstreuung, wo die Leute unterhalten werden wollen und auch viele Snacks und Getränke kaufen. Im Arthouse-Kino sind wir froh, wenn wir mal ein Getränk verkaufen. Andererseits erreicht man durchaus auch ein Publikum mit anspruchsvolleren Filmen; ich glaube auch Klassiker werden wieder beliebter, was mich freut.

**Wie gut fühlen Sie sich als Kinobetreiber aktuell von der Politik unterstützt?**

**Michael Meyer:** Also auf Länderebene hat sich die Filmstiftung NRW wirklich immer sehr für die Kinos engagiert, da kann ich mich nicht beschweren. Auf Bundesebene hätte ich mir teilweise eine größere Unterstützung gewünscht. Jetzt bin ich erst einmal gespannt, wie sich das auf Bundesebene entwickelt. Ich weiß, dass es ein größeres Budget gibt, das den qualitätsorientierten Filmen zugutekommen soll, was ein guter Ansatz ist. Alles andere bleibt abzuwarten.

**Teils gibt es da ja durchaus Diskussionen, ob die Multiplexe zu wenig Unterstützung bekommen – wie sehen Sie diese Debatten, gerade als Inhaber von Arthouse- und Multiplex-Kinos?**

**Michael Meyer:** Ich finde, dass man von der Mainstream-Seite überhaupt nicht zu schätzen weiß, wie wichtig die Filmkunsttheater sind. Das sind die Kinos, die wirklich die Zuschauer langfristig an sich binden. Die Zuschauer, die vor Jahrzehnten in die Programmkinos gegangen sind, sind uns bis heute erhalten geblieben. Die Kinobetreiber sind teils mit ihrem Publikum zusammen älter geworden. Aber man muss sich bemühen, frisch im Kopf zu bleiben und auch die jungen Leute motivieren, ins Kino zu gehen. Ich habe auch das Gefühl, früher konnte man als Betreiber mehr bewegen, heute geht man eher unter, wenn man versucht, seine Stimme zu erheben. Es ist sehr von den Verleihern abhängig, was man für die Filme tun kann und ob diese untergehen oder nicht. Es ist nicht einfach, aber wir bemühen uns.

**Wir bewegen uns langsam aufs Ende des Jahres zu: Wie blicken Sie auf das Kinojahr 2025 zurück und wie schauen Sie auf das Jahr 2026?**

**Michael Meyer:** 2025 hätte in meinen Augen besser sein können, aber wir sind ja noch nicht am Ende *(lacht)*. Klar gab es so etwas, wie [„Das Kanu des Manitu“](/movie/das-kanu-des-manitu), der hier gut lief, aber in Süddeutschland lief er deutlich besser. Es kommen allerdings immer wieder sehr spannende Filme ins Kino, deswegen bin ich eigentlich optimistisch – auch wenn ich glaube, dass meistens noch Luft nach oben ist. Inzwischen muss ich aber sagen, dass mir die Einschätzung der Filme sehr schwerfällt, deswegen wage ich es oft gar nicht zu prognostizieren, wie ein Film laufen wird. Wir versuchen in unseren Kinos einfach eine Bandbreite an Werken zu zeigen und eine gewisse Vielfalt zu bieten. Das geschieht nicht zuletzt durch besondere Events; hier hat sich das Kino inzwischen sehr erweitert und das haben wir auch von vornherein mitgemacht.

*Das Gespräch führte Lea Morgenstern*


Michael Meyer: „Man weiß von der Mainstream-Seite nicht zu schätzen, wie wichtig Filmkunsttheater sind“