Blickpunkt:Film

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Blickpunkt:Film: Welche Ziele verfolgt die Senator Film AG nach dem erfolgreichen Börsengang?

Hanno Huth: Verleih und Produktion bleiben nach wie vor unsere Kerngeschäfte. Jedoch werden wir uns Zug um Zug neue Geschäftsfelder erschließen. Eine weitere Säule unseres Unternehmens soll Merchandising werden - ein Bereich, den wir bis jetzt fast völlig außer Acht gelassen haben. Wir verfolgen die langfristige Strategie, neue Zeichentrick-Figuren zu schaffen und diese in den verschiedensten Bereichen zu verwerten. Mittelfristig wird dabei auch das Musik- und Verlagsgeschäft eine wichtige Rolle spielen. Insgesamt kann Senator auf eine sehr gute Personalstruktur bauen, allein unsere Marketingabteilung ist mit sieben Personen besetzt. Allerdings werden gerade auch die Bereiche Produktion unter der Leitung von Gerhard von Halem, Entwicklung von Alfred Holighaus und Verleih von Anatol Nitschke sicher personell verstärkt. Un-sere derzeit noch in Sulzbach angesiedelte Verwaltung wird demnächst in die Zentrale nach Berlin umziehen.

BF: Wie sieht die finanzielle Grundlage von Senator jetzt aus?

HH: Die ist durch den Börsengang natürlich sehr gestärkt und für unsere künftigen Pläne zunächst ausreichend - was allerdings nicht heißen soll, daß wir unsere Filme nicht genauso solide finanzieren müssen wie vorher. Von den Fondsfinanzierungen haben wir uns schon 1991 zurückgezogen und sind darüber sehr froh. Allerdings beobachten wir natürlich die aktuellen Entwicklungen.

BF: Sind nach Perathon weitere Firmenübernahmen geplant?

HH: Das ist ein Weg, den wir beschreiten. Wir werden uns sowohl in Deutschland als auch im Ausland umschauen und strategische Akquisitionen durchführen. Des weiteren streben wir aber auch Partnerschaften an.

BF: Inwieweit wird sich die Verleihtätigkeit ausweiten?

HH: Mittelfristig wollen wir 20 Titel pro Jahr in die Kinos bringen, 1999 werden es etwa 15 sein. Dabei soll es sich zur Hälfte um Eigenproduktionen handeln. Da sich an unserer Zusammenarbeit mit Central - mit der wir hochzufrieden sind - nichts ändert, wird sich Verleih-Geschäftsführer Anatol Nitschke verstärkt ums Marketing kümmern.Kooperation mit jungen und etablierten Talenten

BF: Mit welchen Partnern arbeiten Sie auf dem Produktionssektor zusammen?

HH: Wir verfügen über eine gesunde Mischung aus etabliertem und jungem Talent. Gerade in den nächsten Monaten bringen wir ausschließlich Erstlingswerke auf den Markt wie Thomas Bohns "Straight Shooter", Peter Torwarths "Bang Boom Bang" oder Thomas Bahmanns "Südsee, eigene Insel". Indigo wird beispielsweise zunächst insgesamt vier Filme liefern, zwei sind bereits fertig. Abgedreht ist Romuald Karmakars "Manila", der im Herbst ins Kinos kommen soll. Im März beginnen die Dreharbeiten Sebastian Petersons "Helden wie wir", die Romanverfilmung von Thomas Brussigs Wendesatire. Und von X-Filme bringen wir "Absolute Giganten" von Sebastian Schipper heraus. Langfristige Bindungen gehören zu unserer Firmenphilosopie. Die Zusammenarbeit mit Joseph Vilsmaier, Günter Rohrbach und Michael Schaack möchte ich dabei als Beispiele nennen.

BF: Welche aktuellen Projekte stehen an?

HH: Rainer Kaufmann drehtim Herbst seine zweite Ingrid-Noll-Verfilmung "Kalt ist der Abendhauch", 2000 soll dann "Röslein rot" folgen. Zusammen mit Indigo und Kerstin Schmidbauer bereiten wir gerade "Clowns" vor, bei dem Tim Trageser das Drehbuch schreibt und Regie führt und der im Frühjahr gedreht werden soll. Des weiteren gibt es drei Perathon-Produktionen: Im April dreht Joseph Vilsmaier "Leo & Claire", im Oktober folgt dann "Marlene". Dana Vavrova realisiert ab Juli ihr zweites Spielfilmprojekt, die deutsch-tschechische Coproduktion "Da tanzt der Bär". Verstärkt werden wir uns im Trickfilmbereich engagieren. Michael Schaack arbeitet für uns gerade an "Käpt'n Blaubär", der an Weihnachten in die Kinos kommt. Ende des Jahres ist Produktionsbeginn für "Der alte Sack", die Fortsetzung zu "Das kleine Arsch-loch".Deutschland als filmische Einheit

BF: Welches Potential haben deutsche Produzenten und Regisseure?

HH: Deutschland verfügt derzeit über so viele großartige Talente wie noch nie. Noch vor fünf Jahren war ich da eher skeptisch, doch inzwischen gibt es eine Fülle an jungen Filmemachern, mit denen ich mir eine Zusammenarbeit vorstellen könnte - Tim Trageser, Sebastian Peterson und Peter Torwarth sind nur drei davon. Für den deutschen Film allgemein sehe ich ein Potential, das sich auf dem Niveau Frankreichs bewegt. 25 bis 30 Prozent Marktanteil werden langfristig Standard sein. Ich hoffe, daß sich dieses Ziel noch vor meinem Rentenalter erreichen läßt.

BF: Gibt es konkrete Pläne für den internationalen Markt?

HH: Auf alle Fälle streben wir internationale Coproduktionen an. Das Auslandsgeschäft für deutsche Filme ist im Augenblick noch sehr unsicher, aber auch dort sehe ich die Entwicklung absolut optimistisch: Es wird eine Fülle von Filmen geben, die im Ausland erfolgreich sein können. "Aimee & Jaguar" hat dazu das Potential und auch bei "Marlene" wird dies der Fall sein. Dabei denken wir natürlich darüber nach, uns in dem Segment Weltvertrieb zu engagieren.

BF: Wie wichtig ist für Sie der Standort Berlin?

HH: Von der produktionstechnischen Infrastruktur her ist Berlin ideal, leider ist Geld knapp, gerade was die Filmförderung betrifft. Hätte das Filmboard ein Budget wie Bayern oder NRW, würde in der Berliner Region die Produktionstätigkeit explodieren. Hier herrscht allerdings der Eindruck, die Entwicklung des Medienstandorts wird noch nicht genügend politisch unterstützt - ganz im Gegensatz zu Berlin als Opernstandort. Insgesamt sehe ich Deutschland als filmische Einheit, aufgrund kurzer Strekken kann ein Film prinzipiell überall gedreht werden. Für uns stellt die Achse Berlin-München-Köln jedoch eine wichti-ge Verbindung dar - Orte, an denen wir mit einer Produktionsstruktur vertreten sind.

Hanno Huth erläutert Senator-Pläne nach dem Börsengang