Blickpunkt:Film

Kino

Blickpunkt:Film: Wie steht es derzeit um die Vermarktung von Filmen in Italien?

Vito Matassino: Marketing und Promotion von Filmen ist in Italien noch eine relativ neue Erscheinung. Ich denke, es begann 1977 mit ["Saturday Night Fever"](/movie/saturday-night-fever-nur-samstag-nacht). Damals arbeitete ich für Cine International Corporation, und es gab in Italien fast keine Discos. Wir mußten extra eine für den Filmstart einrichten. Der nächste Film der eine eigene Marketingkampagne hatte, war ["E.T."](/movie/et-der-ausserirdische) Davor hatten wir nur Poster als einziges Promotionsmittel. Da die amerikanischen Titel, Bilder und Kampagnen häufig nicht zum europäischen Publikum paßten, mußte wir eigene Titel und Bilder schaffen. Diese wurden dann oft in anderen europäischen Ländern übernommen.

BF: Wie ist das heute?

VM: Das US-Marketing ist so stark auf den internationalen Markt ausgerichtet, daß man es notwendigerweise übernehmen muß. Die hiesigen Zeitungen berichten beim US-Start über einen Film. In der Zeit danach muß ich dann das Interesse weiter wachhalten. Anders ist das, wenn ein Film wie zum Beispiel ["Frankie & Johnny"](/movie/frankie-und-johnny) negative Reaktionen in den USA hervorgerufen hat. Dann ändere ich den Titel und mache eine neue Kampagne. Mit dem neuen Titel "Paura di amare", also "Angst zu lieben", hatten wir dann großen Erfolg. Auch erhielt ["Das fünfte Element"](/movie/das-fuenfte-element) bei der Premiere in Cannes schlechte Kritiken. Wir haben uns daher beim Marketing auf kurze, ständig wiederholte Spots mit den beeindruckendsten Sequenzen konzentriert. So hat der Film in Italien mehr eingespielt als ["Men in Black"](/movie/men-in-black) oder ["Vergessene Welt: Jurassic Park"](/movie/vergessene-welt-jurassic-park).

BF: Wie promoten Sie italienische Filme, die nicht so große Marketingbudgets haben?

VM: Bei Pupi Avatis "Il testimone dello sposa" haben wir die Kampagne langsam aufgebaut. Mit der Golden-Globe-Nominierung haben wir die nötige Publizität für die Oscar-Auswahl geschaffen. Avati war jetzt ständig in den USA, um dort den Film zusammen mit dem US-Verleih October zu promoten. Jetzt, 14 Tage vor den Oscar-Nominierungen, starten wir mit der massiven Werbung in Presse, Fernsehen und Radio.

BF: In Italien ist Merchandising noch immer unterentwickelt.

VM: Ja, sowohl der Multimedia- als auch der Merchandising-Bereich. Doch wir produzieren jetzt eine CD-ROM zu unserem Komödienhit
["A spasso nel tempo"](/movie/a-spasso-nel-tempo) und womöglich auch zu unserer TV-Serie "S.P.Q.R.". Doch das italienische Publikum muß noch trainiert werden, damit für so etwas eine Nachfrage entsteht.

BF: Was sind die Handicaps des italienischen Marktes?

VM: Wir haben immer noch zu kleine Marketingkampagnen. Aber grundsätzlich liegt es nicht am Marketing, es liegt am Verleih. Das wahre Problem ist die geringe Zahl der Kinos. Obwohl jetzt viele neue Multiplexe eröffnet wurden, gibt es zu wenig Raum für kleinere Filme. Die US-Majors haben starke Verleihketten in Europa. Ich denke daher, daß sich die Europäer zusammentun müssen, damit sie das in Europa und dem Rest der Welt in die eigene Hand nehmen können.

Interview mit Vito Matassino, Marketingdirektor von Filmauro