Blickpunkt:Film

Kino

Blickpunkt:Film: Seit über zehn Jahren floppen deutsche Filme in schöner Regelmäßigkeit in Frankreich. Glauben Sie, dass "Der Tunnel" überhaupt eine Chance hat?


Klaus Gerke: Ich will nicht die Misserfolge der deutschen Filme oder anderer Auslandsproduktionen beurteilen. Für mich ist es wichtig, die Arbeit der Regisseure zu beurteilen und zu verteidigen. Ich habe Roland Suso Richter mit "[Eine Hand voll Gras](/movie/eine-hand-voll-gras)" sowie "Der Tunnel" entdeckt, zwei Produktionen, die ich erworben habe. Selten war ich so begeistert. Ich habe in den letzten Wochen alle Filme Roland Suso Richters angeschaut, und werde dafür kämpfen, ihn in Frankreich bekannt zu machen. Bei seinen nächsten Projekten würde ich mich gern als Koproduzent engagieren. Auf alle Fälle werde ich sehr stolz sein, einen Film wie "Der Tunnel" auf den französischen Markt einzuführen.

"Richter wird irgendwann eine Palme gewinnen"


BF: Was gefällt Ihnen an Richters Arbeit?


KG: Er gehört zu den wenigen europäischen Regisseuren, die wissen, wie man mit einer Kamera umfassende, universelle Themen behandeln kann. Er arbeitet immer mit guten Drehbuchautoren sowie mit starken Produzenten, die ihm die Mittel geben, hervorragende Darsteller zu engagieren, die von ihm perfekt dirigiert werden. Selten stimmt bei jungen Regisseuren alles vom Buch bis zur Ausstattung. Ich bin davon überzeugt, er wird irgendwann eine Palme in Cannes gewinnen.


BF: Seit einigen Jahren hat man den Eindruck, dass die französischen Verleiher lieber verheimlichen wollen, dass ein Film aus Deutschland kommt. In den Pressemitteilungen von "[Lola rennt](/movie/lola-rennt)" oder "[Der Krieger und die Kaiserin](/movie/der-krieger-und-die-kaiserin)" wurde kaum darauf eingegangen, dass es sich um deutsche Produktionen handelt. "Der Krieger und die Kaiserin" kam unter seinem englischen Titel in die Kinos.


KG: Diese Strategie hat eigentlich mit "[Out of Rosenheim](/movie/out-of-rosenheim)" begonnen. Niemand wollte diesen Film als deutsches Werk bewerben. Ich finde es lächerlich und nicht sehr korrekt, das Publikum irrezuführen. Solange ein Film gut ist, spielt seine Herkunft eine untergeordnete Rolle. Ich persönlich bin froh, dass "Der Tunnel" als Eröffnungsfilm der deutschen Filmwoche am 13. Oktober in Paris ausgewählt wurde. Dadurch werden wir die Reaktion des Publikums noch vor dem offiziellen Start am 7. November messen können. Ich schäme mich nicht, einen deutschen Film zu lancieren.


BF: Haben Sie seit der Gründung Ihrer Firma 1985 deutsche Produktionen verliehen?


KG: In den vergangenen 15 Jahren habe ich wenige deutsche Filme erworben. Am Anfang habe ich es mit den Undergroundfilmen von Lothar Lambert und mit den Dokumentationen von Nicolas Humbert und Werner Penzel versucht. Danach war ich an Filmen wie "[Abgeschminkt!](/movie/abgeschminkt)" und "[Der bewegte Mann](/movie/der-bewegte-mann)" interessiert, die ich gern erworben hätte. Es hat aber nicht geklappt. Der Start dieser beiden Titel war dann ein dramatischer Misserfolg. Ähnliches galt für "[Comedian Harmonists](/movie/comedian-harmonists)" und "[Lola rennt](/movie/lola-rennt)". Bei den Presse- und Promotionkampagnen wurden selten die historischen, soziologischen sowie kulturellen Hintergründe der deutschen Filme erläutert.


BF: Gibt es neben Richter andere deutsche Regisseure, an die Sie glauben?


KG: Nachwuchsregisseure wie Lenard Fritz Krawinkel und Philip Gröning finde ich interessant und innovativ. Meine Priorität gilt jetzt erst mal Richter, über den ich auch ein Buch veröffentlichen möchte.


BF: Sie leben seit über 25 Jahren in Frankreich. Was sollte Ihrer Meinung nach von Seiten der verschiedenen Institutionen unternommen werden, damit der deutsche Film im Nachbarland wieder anerkannt wird?


KG: Bisher haben die kommerziellen Maßnahmen zur Unterstützung nicht funktioniert. Jedes Land versucht, große Filme zu lancieren, über der Grenze werden sie jedoch vom Publikum nur als kleine Auslandsproduktionen wahrgenommen. Mit der deutsch-französischen Filmini-tiative besteht jetzt ein politischer Wille. Ich bin skeptisch, ob das genügen wird. Wir benötigen eine globalere Politik, die nicht nur die Koproduktion, sondern auch den Verleih berücksichtigen sollte.

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