Blickpunkt:Film

Kino

Blickpunkt:Film: Wie sind die Zuständigkeiten zwischen Ihnen und Tom Cruise aufgeteilt?


Paula Wagner: Es gibt keine klar definierte Aufteilung. Wir machen grundsätzlich alles zusammen; er kümmert sich manchmal stärker um ein Projekt, und ich stärker um ein anderes. Aber wir gleichen uns aus.


BF: Normalerweise produzieren Schauspieler nur Filme, in denen sie selbst mitspielen, nicht so Tom Cruise.


PW: Wenn es eine großartige Rolle in einem Projekt für ihn gibt, übernimmt er sie natürlich. Aber er liebt einfach Filme. Deshalb geht es ihm auch darum, mit bedeutenden Filmemachern zusammenzuarbeiten und neue Talente wie Alejandro Amenábar ("The Others") zu entdecken. Unsere ganze Firma dreht sich um Filmemacher.


"Meine Philosophie: Glaub" an dich selbst"


BF: Warum finanzieren Sie Ihre Projekte nicht unabhängig, sondern arbeiten so eng mit Paramount zusammen?


PW: Weil es einfacher und effizienter ist. Wir kennen uns seit zehn Jahren, seit der Gründung unserer Firma. Die Kommunikation klappt wie im Schlaf. Natürlich ist unabhängige Finanzierung eine Option, und wir hatten auch schon genügend Angebote in dieser Richtung. Aber wir sind so beschäftigt, Filme zu machen, dass wir das nicht weiterverfolgt haben.


BF: Und das Studio redet Ihnen bei kreativen Fragen nicht rein?


PW: Nicht wirklich. Natürlich gibt es mal unterschiedliche Standpunkte, aber die sind uns auch willkommen, denn wir wollen diesen Input. Außerdem arbeiten wir nicht nur mit einem Studio zusammen. Mit Marc Platt entwickeln wir z.B. für Universal und Dreamworks "Ghost Soldiers", bei dem [Steven Spielberg](/person/steven-spielberg) die Regie übernehmen will. "[The Others](/movie/the-others)" haben wir mit Miramax gemacht.


BF: Die Qualität der Studioproduktionen nimmt ab. Worin sehen Sie die Gründe?


PW: Weil sie auf Nummer sicher gehen wollen. Sie versuchen das Altbewährte: beliebte Genres, Sequels, während die besten Filme nur aus neuen Ideen entstehen können. Aber nehmen Sie zum Beispiel "Vanilla Sky", den Paramount gemacht hat. Das ist keine traditionelle Studioproduktion.


BF: Hätte man dort den Film auch ohne Tom Cruise gemacht?


PW: Ich denke schon, wenn auch auf andere Art und Weise. Paramount hätte es riskiert. Die Studios müssen noch viel häufiger solche Risiken eingehen.


BF: Im Hollywood der Konzerne schwer vorstellbar.


PW: Aber die Konzerne müssen sich auf die Kreativen einstellen. Und wir als Produzenten müssen die Kreativen davor bewahren, zum Konzernprodukt zu werden. Denn ihre Aufgabe ist es, die zeitgenössische Kultur zu reflektieren und neu zu gestalten. Filme leben und atmen. Kino ist ein künstlerisches Geschäft, keine Schuhfabrik. Die Zusammenarbeit zwischen den Kreativen und den Konzernen sollte eher so aussehen wie zwischen den Medicis und den großen Malern.


BF: Dann dürften die Kreativen keine Rekordgagen fordern.


PW: Das Beispiel meines Partners müsste Schule machen. Er richtet sich bei seinen Entscheidungen nicht nach der Höhe seiner Gage. Wenn er an etwas glaubt, dann stellt er seine finanziellen Forderungen zurück. Leider ist er damit noch eine Ausnahme. Damals als Agentin bei CAA empfahl ich meinen Klienten, die Rollen zu wählen, die richtig für ihre Karriere waren. Man muss zwar in finanzieller Hinsicht umsichtig sein, aber Geld ist nur ein Nebenprodukt.


BF: Tom Cruise hat bei seinen Rollen offenbar meist die richtige Wahl getroffen. Warum eigentlich?


PW: Weil er wirklich klug ist. Intelligenz ist das entscheidende Kriterium eines Stars.


BF: Vor kurzem wurden Sie bei einer Ehrung für "Women in Hollywood" vom Magazin "Premiere" als Produzentin des Jahres ausgezeichnet. Sind denn Frauen im Filmgeschäft immer noch eine besondere Spezies?


PW: Mich dürfen Sie nicht fragen; ich mache hier keine Unterschiede. Meine Philosophie war immer: Glaub" an dich selbst. Gibt es Hindernisse auf deinem Weg, hast du sie dir selbst hingestellt. Aber wenn du die Menschen mit Respekt behandelst, dann werden sie dich genauso behandeln, ob du nun ein Mann oder eine Frau bist.

Paula Wagner über die Filmproduktion mit Tom Cruise