Blickpunkt:Film

Kino

Blickpunkt:Film: Sie scheinen von diesem Prediger-Thema geradezu besessen gewesen zu sein.

Robert Duvall: Besessen ist vielleicht etwas zuviel gesagt, aber sicher steckt in diesem Film jede Menge Herzblut. Immerhin habe ich 13 Jahre gebraucht, bis ich ihn endlich im Kasten hatte.

BF: Und fünf Mio. Dollar, die Sie aus Ihrer eigenen Tasche dazugelegt haben.

RD: Das ist völlig in Ordnung. Wenn eine Mann denkt, etwas unbedingt machen zu müssen, sollte er es tun, koste es was es wolle. Aber der Film hat das Geld längst wieder eingespielt. Tatsächlich reden wir von 200 Mio. Dollar Umsatz.

BF: Warum konnten Sie kein großes Studio für Ihr Projekt begeistern?

RD: Keine Ahnung. Vielleicht bin ich einigen Herren irgendwann einmal zu sehr auf den Schlips getreten. Sie hätten mich bestenfalls als Schauspieler akzeptiert. Ansonsten hieß es: Wir sind nicht daran interessiert.

BF: Sie waren in der Rolle des Predigers für den Oscar als Bester Hauptdarsteller nominiert und haben gegen Jack Nicholson den Kürzeren gezogen.

RD: So etwas schmerzt im Moment, aber das Leben geht weiter. Außerdem habe ich einen Brief von Marlon Brando bekommen, in dem er meine Schauspielkunst lobt, und auch Francis Ford Coppola hat sich sehr positiv über den Film geäußert. Und der große Prediger Billy Graham fand mich überzeugend. Wenn Menschen wie diese meine Arbeit akzeptieren können, weiß ich, daß ich meinen Job okay gemacht habe.

BF: Was hat Sie eigentlich dazu getrieben, einen Film über ein religiöses Phänomen wie das der Prediger zu machen?

RD: Ich war fasziniert von den Radio- und TV-Predigern, die vor allem in den USA fast überall präsent sind. Dann hat mich eine persönliche Erfahrung, die ich einmal in einer kleinen Kirche irgendwo in Arkansas gehabt hatte, sehr beeindruckt. Dort predigte sich eine Frau fast die Seele aus dem Leib. Über die Jahre haben sich viele Eindrücke, Gedanken und Geschichten akkumuliert und daraus ist dann langsam "Apostel!" entstanden. Allerdings scheint es mir wichtig, darauf hinzuweisen, daß es nicht nur ein Film über Religion ist, sondern in erster Linie einer, der das Schicksal eines Menschen erzählt.

BF: War es schwierig, bei "Apostel!" Schauspieler und Nicht-Schauspieler unter einen Hut zu bringen?

RD: Im Gegenteil - das war gerade das Aufregende daran. Ich glaube auch, daß gerade diese Mischung dem Spielfilm einen dokumentarischen Touch gibt. Ich wollte Wahrheit, Echtheit und vor allem Fairneß. Ich habe das Drehbuch aus der Sicht eines Predigers geschrieben, also von innen heraus, was ziemlich schwierig war und viel Zeit in Anspruch nahm. Aber so etwas Oberflächliches, für das mir diverse Hollywood-Studios sicher sofort viel Geld zur Verfügung gestellt hätten, wollte ich nicht machen. Es gibt schon genug Mist im Kino.

BF: Sie zeichnen für Buch und Regie verantwortlich, sind Ihr eigener Hauptdarsteller und auch noch ausführender Produzent. Wie sind Sie mit der Belastung fertig geworden?

RD: Verblüffend gut. Ich war in jedem Stadium des Films der Hauptverantwortliche, der, der die Kontrolle über alles hatte. Was auch bedeutete, daß ich mich vor niemandem rechtfertigen mußte. Und da ich alt genug bin und über genügend Erfahrungen verfüge, damit mir diese Machtfülle nicht zu Kopf steigt, ging es eigentlich sehr gut. Wir hatten tatsächlich alle sehr viel Spaß beim Drehen.

BF: Welche Phase war die schwierigste?

RD: Ich hatte so wundervolles Material, das ich peu a peu auf Spielfilmlänge herunterschneiden mußte. Das war nicht gerade einfach. Und mit 134 Minuten bin ich immer noch gut dabei.

BF: Sie haben fünf Filme mit Francis Ford Coppola gemacht. Können Sie sich vorstellen wieder einmal mit ihm zu arbeiten?

RD: Coppola ist ein schlafender Gigant. Wenn er einmal wieder richtig aufwacht, bin ich sofort dabei, wenn er mich will. Ich habe immer sehr gerne mit ihm gearbeitet. Allerdings finde ich manche Filme von ihm, na ja. Auf der anderen Seite: Es ist verdammt schwer, jedesmal, wenn man loszieht, einen Home Run zu schaffen.

Regisseur und Hauptdarsteller Robert Duvall zu 'Apostel!'