Blickpunkt:Film

Kino

Blickpunkt:Film: Nach leichter Kost wie "[Species](/movie/species)" oder "[Dante's Peak](/movie/dantes-peak)" überraschen Sie mit einem fast dokumentarischen Politthriller. Wie kam es dazu?


Roger Donaldson: Man muss manchmal Filme drehen, um Geld zu verdienen. Aber an "Thirteen Days" hängt mein Herz. Ich wollte endlich mal wieder etwas außerhalb des Kommerzkinos machen. Politik war schon immer mein Steckenpferd, mein erster Film nicht umsonst ein Wahlkampf-Werbespot. Als mir [Armyan Bernstein](/person/armyan-bernstein) von Beacon das 70 Mio.-Dollar-Projekt anbot, habe ich sofort zugegriffen und mich in die Arbeit gestürzt. Vor Drehbeginn haben wir sehr viel diskutiert, dann ließ er mich frei arbeiten, obwohl es sein Film ist. Ungewöhnlich: Die Endfassung des Films ist länger als die erste Schnittfassung. Wir waren beide der Auffassung, dass man bei einem so seriösen Thema nicht mit zu großen Vereinfachungen arbeiten darf.


BF: Was interessierte Sie speziell an der von [Kevin Costner](/person/kevin-costner) gespielten Figur des Präsidentenberaters O'Donnell?


RD: Ich wollte die Geschichte aus der Sicht eines Mannes erzählen, der zwar zum inneren Machtzirkel gehört, aber dennoch ein ganz normales Leben mit der Familie führt. Das macht ihn menschlich. Er ist ein Gegengewicht zum Mythos Kennedy, steht für den unauffälligen Typ von Politiker, der im Hintergrund die Fäden zieht. Ich hoffe, es ist mir gelungen, das undurchsichtige Machtgeflecht etwas durchsichtiger zu machen.


BF: In wie weit ist Ihr Film authentisch?


RD: Wir haben Unmengen von Memoiren und Biografien studiert, Bänder von den Kennedys aus dem Weißen Haus abgehört, endlose Gespräche geführt und uns an die Fakten gehalten. Das Spannendste für mich waren die Begegnungen mit Politikern wie Verteidigungsminister Robert McNamara oder dem für die Spionageflüge über Kuba verantwortlichen Kommandanten William B. Ecker. Da merkte ich erst, wie nahe wir
an der Katastrophe vorbeigeschrammt sind. Nur die Dialoge sind fiktiv.


BF: Wie stehen Sie zum Vorwurf, John F. Kennedy sei zu positiv gezeichnet?


RD: "Thirteen Days" ist kein Film über die Kennedys, sondern über die Handhabung von Macht, über den Druck der Militärs auf eine gewählte Regierung. Es ging nicht um Kennedys Sexleben, sondern um ihn als Staatsmann, der in einer gefährlichen Situation eine Entscheidung fällt, sich gegen die Hardliner, die Kuba in die Steinzeit zurückbomben wollten, durchsetzt und Verantwortung übernimmt. Dafür geht er in die Geschichte ein.


BF: Ist "Thirteen Days" auch für ein junges Publikum interessant, das die Ereignisse nicht miterlebt hat?


RD: Natürlich ist mein Film nicht "hip", aber er bietet Unterhaltung und gleichzeitig einen Blick zurück in die Geschichte. Man sollte junge Leute nicht für dumm verkaufen und mit dummen Filmen zumüllen. Die Welt ist kein großer Disney-Vergnügungspark. Da werden 18-Jährige in Kriege geschickt. Warum sollten sie sich nicht dafür interessieren, wie Kriege entstehen oder vermieden werden. Ich zeige ihnen, was passiert, wenn andere bestimmen, möchte sie hellhörig machen. Eigentlich habe ich diesen Film für mich als jungen Mann gedreht.


BF: Warum herrscht in Hollywood dieser Hang zu einfachen Popcorn-Movies?


RD: Weil es um Big Money geht, und das kann man am besten bei den Kids kassieren. Einen ernsthaften Film zu drehen, wird immer schwieriger. Jeder Regisseur muss heute kämpfen und jeder Film hinterlässt Spuren. Schon für meinen ersten Film habe ich eine Hypothek auf mein Haus aufgenommen. In Europa kann man noch anspruchsvolle Filme realisieren. Deshalb drehe ich demnächst in Irland die tragikomische Geschichte eines Mannes, der sein Stottern loskriegen will. Ein Low-Budgtet-Film, den ich selbst produziere.

Roger Donaldson zu "Thirteen Days"