Blickpunkt:Film

Kino

Seit über 30 Jahren realisiert [Ralf Kukula](/person/ralf-kukula) mit [Balance Film](/company/balance-film) in Dresden Animationsprojekte. Er brennt für gesellschaftlich relevante Stoffe und den Animationsfilm für Erwachsene. Die von ihm produzierte Animadok-Serie „Auf Fritzis Spuren“ wurde mit dem iEmmy ausgezeichnet. Wir fragten ihn zu den Besonderheiten im Portfolio, zur Geschichte und den aktuellen Entwicklungen seiner Firma.

**Warum haben Sie ihre Firma in Dresden gegründet?**

Ralf Kukula: Aus Tradition. Ich bin ein DEFA-Kind und habe schon seit 1981 im DEFA-Trickfilmstudio in Dresden gearbeitet.  Als es abgewickelt wurde, habe ich mich selbstständig gemacht und bin in Dresden geblieben. 

**Was schätzen Sie am Standort?**

Ralf Kukula: Es ist der große kulturelle Reichtum meiner Heimatstadt, die zudem eingebettet ist in eine traumhafte und abwechslungsreiche Landschaft. Dresden hat die für meine Bedürfnisse beste Lebensqualität in Deutschland. Und Animationsfilme kann man letztendlich überall machen.

![Großer Gewinner, das Animadok „Auf Fritzis Spuren – Wie war das so in der DDR?“ (Foto: MDR/WDR/Balance Film](https://s3.eu-central-1.amazonaws.com/zone.busch.store.image/f9456fbf-f3f3-4072-8f8a-5d56b951caa4.jpg)

**Was würden Sie als Spezialität von Balance Film beschreiben?**

Ralf Kukula: Wir haben vielleicht länger als andere Firmen, über 30 Jahre hinweg, auch aus ökonomischen Gründen ausschließlich 2D-Animation gemacht. Wir arbeiten jetzt ebenfalls mit 3D, Motion-Capturing und KI. Was uns jedoch vor allem von anderen Marktteilnehmer absetzt, ist, dass uns weniger klassische Animationsthemen, die meist aus der Märchen- und Fabelwelt kommen, interessieren, sondern vielmehr gesellschaftlich relevante Themen wie bei „Fritzi“, die sonst nicht unbedingt mit den Mitteln der Animation erzählt werden. Das liegt auch daran, dass wir seit den 90er Jahren auch im Dokumentarfilm tätig waren. Es war in jener Zeit für uns schwer, nur mit Animationsprojekten zu überleben, so mussten wir uns ein weiteres Standbein suchen. Mit dem Dokumentarfilm entwickelt man ein anderes Denken. 
 

**Besonders erfolgreich ist Balance Film mit „Fritzi“, aus dem Sie ein Franchise entwickelten.**

Ralf Kukula: Wir haben über 15 Jahre an unserem „Fritziversum“ gearbeitet. 2009, zum 20. Jubiläum der Wende, kam das illustrierte Buch von [Hanna Schott](/person/hanna-schott) und [Gerda Raidt](/person/gerda-raidt) heraus. Acht Jahre lang versuchten wir, die Kinoadaption „[Fritzi – Eine Wendewundergeschichte](/movie/fritzi-eine-wendewundergeschichte)“ zu finanzieren. Als sie 2019 gut lief, wollte man auch beim MDR weitermachen. Wir entwickelten aus dem Kinofilm, erweitert um eine Fluchtgeschichte der besten Freundin von Fritzi, mit „Fritzi“-Autorin [Beate Völcker](/person/beate-voelcker) und [Martin Muser](/person/martin-muser) als Partner in der Dramaturgie, die Serie „Fritzi & Sophie – Grenzenlose Freundschaft“, für die wir eine neue Pipeline aufbauten. Die Programmpreisprämie, die wir für „Fritzi“ von der ARD erhielten, investierten wir in die Animadok-Begleitserie, „Auf Fritzis Spuren – Wie war das so in der DDR?“, die die realen Hintergründe schildert. Parallel zur Endfertigung der Animationsserie, die doppelt so viel Volumen wie der Kinofilm hat, setzten wir die insgesamt 90 minütige Animadok-Serie um. Beide mussten zum Jubiläum im Herbst 2024 fertig sein. 
Wir haben es geschafft und freuen uns sehr, dass „Auf Fritzis Spuren“ einen iEmmy-bekommen hat und dass sie zusammen mit „Fritzi & Sophie“ mit dem Robert-Geisendörfer-Preis gewürdigt wurde.


##### „Mit dem Dokumentarfilm entwickelt man ein anderes Denken.“
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**An welchen Projekten arbeiten Sie aktuell? Wird es vielleicht noch mehr zu „Fritzi“ geben?**

Ralf Kukula: Nein. „Fritzi“ ist für uns auserzählt. Wir haben uns anderen Projekten zugewandt und jede Menge Ideen. Mit Martin Muser und Beate Völcker entwickle ich zum Beispiel einen Weihnachtsstoff, der ähnlich wie „Fritzi“ eine Serie und ein Kinofilm werden könnte. Wir wollen auf jeden Fall weiter in dem Firmenverbund arbeiten, den wir bei „Fritzi“ etabliert haben, mit [Richard Lutterbeck](/person/richard-lutterbeck_9) und [Matthias Bruhn](/person/matthias-bruhn_2) vom [Trickstudio Lutterbeck](/company/trickstudio-lutterbeck) in Köln und mit [Thomas Meyer-Hermann](/person/thomas-meyer-hermann) von Studio Filmbilder in Stuttgart und ihren Teams. 


![„Boa Vista“ befindet sich in der Entwicklung (Foto: Balance Film)](https://s3.eu-central-1.amazonaws.com/zone.busch.store.image/0bfb36e0-f601-4a53-b6c7-77e002791bab.jpg)

 
**Mit dem Kinoprojekt „Boa Vista“ um eine junge Frau aus einer Favela in Salvador, die einem Bauprojekt weichen soll, arbeiten Sie auch an einem Stoff für ein erwachsenes Publikum.**

Ralf Kukula: Mit dem Thema Animation für Erwachsene beschäftige ich mich intensiv bzw. kämpfe dafür. „Boa Vista“ von [Elisabeth Zwimpfer](/person/elisabeth-zwimpfer) wurde bereits von der [MDM](/company/mitteldeutsche-medienfoerderung) gefördert. Mit [Anja Kofmel](/person/anja-kofmel), mit der ich das herausragende Animadok „[Chris the Swiss](/movie/chris-the-swiss)“ realisierte, und ihrer Firma Asako Film, habe ich schon länger eine Schweizer Partnerin und ein Luxemburger Produzent hat beim Forum Alentours in Straßburg Interesse bekundet. Aber einen deutschen Sender zu finden, ist wie bei „Fritzi“ enorm schwierig. Es kommen nur die öffentlich-rechtlichen in Frage. Das liegt nicht am Budget - bei unseren Arthouseprojekten arbeiten wir mit einem niedrigeren als bekannte deutsche Firmen bei traditionellen Kinderfilmen - , sondern dass es beim [ZDF](/company/zdf-zweites-deutsches-fernsehen) und den Sendern der ARD einfach keine Strukturen für Animation jenseits des Kinderprogramms gibt. Dabei gibt es international so viele tolle, auch erfolgreiche Animationsfilme für ein Publikum ab 13 Jahren!

Die MDM unterstützte kürzlich „[Deine Flecken](/movie/deine-flecken)“ von Studio Filmbilder und Autor [Daniel Nocke](/person/daniel-nocke), mit denen wir dieses Animationsprojekt entwickeln, in der Produktion. [MDR](/company/mitteldeutscher-rundfunk-mdr), [SWR](/company/suedwestrundfunk-swr) und [Arte](/company/arte-geie) sind Partner.  Und Heinrich Sabls sehr besonderer „[Memory Hotel](/movie/memory-hotel)“ läuft im Kino. Sprich, es gibt Erwachsenenanimation in Deutschland, aber eben nur als Ausnahme. Das ist sehr schade.


##### „Animadoks stehen zwischen den Stühlen“
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**Wie sieht es mit neuen Animadok-Projekten aus, die sie seit Jahren im Portfolio haben?**

Ralf Kukula: Aktuell arbeiten wir an einem historischen Stoff mit dem ZDF - Das kleine Fernsehspiel, das wir nach Schließung der Finanzierung nächstes Jahr starten wollen. Es geht um das Verhältnis zwischen Deutschen und Russen, am Beispiel der Russlanddeutschen, die vor Hunderten von Jahren ausgewandert und mehrfach umgesiedelt worden sind. Aufgrund des Ukrainekrieges ist das Thema brisanter geworden, da sie sowohl in der Ukraine als auch im russischen Wolgagebiet leben. Inszeniert wird es von Lydia Günther, die wie ich in [Babelsberg](/company/hff-babelsberg) Animation studierte. Ein weiteres Projekt befindet sich in der Postproduktion. „Heimatfilm“ von Anita Müller entsteht im Rahmen der umfangreichen Nachwuchsförderung der MDM als Pilotprojekt. Müllers Deutscher Kurzfilmpreis für „Agnosis“ war das Startkapital. 

 
**Wie sehen Sie die Situation für Animadoks, die vor allem international realisiert werden?**

Ralf Kukula: Wir bleiben dem Thema Animadok treu, aber die Finanzierung ist weiter schwer. Anfangs dachte ich, dass Animadoks ein erster großer Schritt Richtung  Erwachsenenanimation und einfacher als ein Fictionfilm auf die Beine zu stellen sei. Das hat sich nicht bewahrheitet. Animadoks stehen zwischen den Stühlen, werden weder als „richtiger“ Animationsfilm noch als Dokumentarfilm wahrgenommen. Tatsächlich werden sie eher dem Dokumentarfilm zugeordnet, für den man von den Sendern deutlich weniger Geld erhält als für einen Fiction- oder Animationsfilm.  

##### „Wir wollen so klein bleiben“
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**Mit „Jana in der Seelenwelt“ arbeiten Sie auch an einem Kinofilmstoff, der ein bisschen wie ein klassischer Animationskinderfilm, mit einem allerdings sehr besonderen Thema klingt. In welchem Stadium ist er?**

Ralf Kukula: Wir entwickeln das Projekt um ein Mädchen, das mit dem Tod des Vaters konfrontiert wird, mit Autor Johannes Dreibach, Koautor [Heiko Marten](/person/heiko-martens)s und Dramaturgin [Nicole Kellerhals](/person/nicole-kellerhals). Wir verwenden zwar Bilder der deutschen Märchen- und Sagenwelt, damit das junge und auch ältere Publikum andocken kann, aber wir erzählen kein Märchen, sondern allegorisch. Es ist ein gewagtes Thema, an dem wir noch feilen müssen, um nächstes Jahr Partner dafür zu finden. 
Dass viele Kollegen sich hierzulande auf die klassischen Themen und den Kinderfilm fokussieren, hat auch mit einer naheliegenden Selbstbeschränkung zu tun. Mit einem solchen Projekt hat man einfach viel mehr Chancen bei der Finanzierung. 

 
**Wie viele Mitarbeiter sind bei Balance Film angestellt?**

Ralf Kukula: Wir sind fünf Festangestellte. Aber wir wachsen und schrumpfen mit den Projekten, bei „Fritzi“ hatten wir 700 Leute im Team. Das war sehr anstrengend. Es frisst unheimlich viel Energie, diese Struktur aufrechtzuerhalten. Bei der „Fritzi“-Serie waren wir 150 Leute, das war angenehmer und man konnte sich viel stärker auf die künstlerische Seite der Produktion fokussieren. 
Wir wollen so klein bleiben, haben nicht die Absicht, zu expandieren. Wir verstehen uns vielmehr als Netzwerkknoten. Wir gehen Partnerschaften für die Dauer eines Projektes ein und pflegen die, mit denen es gut läuft.


Ralf Kukula: „Es gibt Erwachsenenanimation in Deutschland, aber nur als Ausnahme“