Anzeige
Kino

Studentenstadt Aachen wird zur Kinowüste

In der Aachener Kinolandschaft geht es äußerst bewegt zu. Nach dem Rückzug der Kieft-Gruppe vom Ufa-Palast gab es Ende April nur noch zwei -Kinos mit gut 750 Sitzplätzen in der Universitätsstadt. Zu Jahresbeginn waren es noch fünf Spielstätten mit rund 4500 Plätzen. Mittlerweile ist zumindest das Traditionshaus Capitol (359 Plätze) wieder geöffnet.

jl28.05.2004 12:29
Sinnbild für den Zustand der Kino-Immobilien in Aachen: Im Foyer des ehemaligen Gloria-Palasts residiert heute ein Gemüsehändler
Sinnbild für den Zustand der Kino-Immobilien in Aachen: Im Foyer des ehemaligen Gloria-Palasts residiert heute ein Gemüsehändler

Selbst in den neunziger Jahren gab es in der 250.000-Einwohner-Stadt noch eine vielfältige Kinolandschaft mit zahlreichen Ufa-Betrieben, die jedoch nach und nach ihre Pforten schließen mussten, so etwa City, Bavaria und Gloria-Palast. Eine weiteres Ufa-Kino, der Eden-Palast, wurde noch bis Juni 2003 von der bereits insolventen Ufa Filmtheater GmbH betrieben. Danach übernahm die Aachener Atlantis Filmtheater GmbH das Haus, scheiterte jedoch an einem besonderen Umstand, der sich aus der Insolvenz der Ufa ergab: Die ehemaligen knapp 20 Mitarbeiter des Eden verklagten Atlantis-Geschäftsführer Heinz Schiffers erfolgreich auf Weiterbeschäftigung. Als Konsequenz musste die komplette Atlantis GmbH Insolvenz beantragen. Eden-Palast und Capitol fielen dieser Entwicklung zum Opfer, lediglich das Diana wird von der Familie Schiffers weiter betrieben (auch hier droht die vorübergehende Schließung, weil der TÜV eine Renovierung einfordert). Während das Capitol Mitte Mai von Walter Render und Peter Coenen, die in Aachen auch das Zwei99 betreiben, wieder eröffnet wurde, ist die Zukunft des Eden weiter ungewiss. Nach wie vor haben die ehemaligen Ufa- und die Schiffers-Mitarbeiter (rund 40 Personen) das Recht, ihre Weiterbeschäftigung einzufordern. Ebenfalls im Leerstand befindet sich der Ufa-Palast im Einkaufszentrum Kapuziner Karree, nachdem Kieft & Kieft dort am 20. April per Paukenschlag die Türen geschlossen haben. Über Nacht wurde die Kinotechnik aus dem Multiplex entfernt. Heiner Kieft kündigte gegenüber der lokalen Presse an, dass es in Aachen "kein Kino unserer Gruppe mehr geben wird". Bauliche Mängel seien für den Rückzug aus dem erst 2001 eröffneten (und 2003 von Kieft übernommenen) Neun-Säle-Haus verantwortlich gewesen. In der Tat hatte das Aachener Bauordnungsamt im Herbst die Sperrung einzelner Palast-Kinos und die Beseitigung von Missständen angeordnet. Mittlerweile ist die Betriebsgenehmigung komplett zurückgezogen worden. Zeitweise habe man in den vergangenen Monaten nur zwei oder drei Säle bespielen können, berichtet Kieft. Laut Heiner Kieft hatten die Betreibergesellschaft Kapuzinergraben 19 und deren Sprecher Jürgen Overdiek mündlich zugesagt, das Kinogebäude in einem vereinbarten Zeitraum in optimalen Zustand zu bringen. Overdiek bekundet unterdessen, dass es eine derartige Absprache nie gegeben habe. Kieft, dessen Unternehmen nach eigenen Angaben rund 2,2 Mio. Euro in den Ufa-Palast investiert hatte, kündigte in Aachen ein "juristisches Nachspiel" an. Mittlerweile haben sich die Wogen jedoch geglättet. Wie Kieft-Sprecher Jan Oesterlin erklärte, sei eine einvernehmliche Lösung noch möglich. Entsprechende Gespräche würden derzeit geführt, der Rückzug von Kieft & Kieft aus Aachen sei jedoch definitiv. Möglich scheint mittlerweile auch die kurzfristige Übernahme des Komplexes durch einen neuen Betreiber. Als Interessenten wurden zuletzt ins Spiel gebracht die Familie Stürtz (Cinetower Alsdorf) und Vermieter Overdiek selbst.

Anzeige