Blickpunkt:Film

Kino

Blickpunkt:Film: Wie funktioniert die Zusammenarbeit zwischen Ihnen beiden?

Bob Daly: Wir respektieren uns außerordentlich. Wir gehen auf unterschiedlichen Wegen auf bestimmte Situationen zu, aber erreichen am Ende den gleichen Punkt.

Terry Semel: Wir vertrauen uns vollständig. Muß einer eine Entscheidung treffen, während der andere in China ist, findet er eine intelligente Lösung.

BF: Gibt es eine Trennung der Aufgabengebiete?

BD: Ich übernehme eher die Verantwortung für den US-Bereich, während Terry stärker den internationalen Bereich betreut.

BF: Ursprünglich waren Lorenzo Di Bonaventura und Bill Gerber Co-Heads of Production bei Warner Bros. Was änderte sich seit Gerbers Ausscheiden?

TS: Nichts. Lorenzo leitet unser Team und wir haben nicht vor, jemanden über ihm zu installieren.

BD: Rückblickend betrachtet, war ihr Bereich nicht so groß, daß man ihn teilen mußte. Sie waren nur auf die Produktion beschränkt.

BF: Worauf führen Sie es zurück, daß die Boxoffice-Ergebnisse der letzten Zeit eher schwach waren?

BD: Nicht alle Bereiche können zur gleichen Zeit stark sein. Time Warner wies im dritten Jahresquartal in jeder Abteilung Steigerungen auf. Die TV-Einnahmen haben den Cash Flow im Film-Entertainment-Bereich um 50 Prozent nach oben getrieben. Immerhin hat "Lethal Weapon 4" weltweit mehr als 266 Mio. Dollar eingespielt. Es stimmt - andere Filme haben sich schlechter verkauft, aber man kann nicht jedes Jahr beim Marktanteil und den Einnahmen an der Spitze liegen.

TS: Nehmen sie einen Film wie "Das magische Schwert": Er mag an der Kinokasse enttäuscht haben, doch Animationsfilme machen im Vergleich dazu als Kaufvideos unverhältnismäßig gute Geschäfte.

BF: Angeblich mußte Time Warner aufgrund einiger Kinoenttäuschungen 60 Mio. Dollar abschreiben, die Hälfte davon allein wegen "Mit Schirm, Charme und Melone".

BD: Wir haben auch letztes Jahr 30 Mio. Dollar abgeschrieben, aber das wird sich in der Zukunft ändern.

TS: "Mit Schirm, Charme und Melone" hat nie eine Chance gehabt. Dieser Film hatte schon eine schlechte Presse, bevor wir ihn starteten.

BF: Warum haben Sie im Unterschied zu anderen Studios keine Independent-Abteilung?

BD: Wir haben sie als Teil von Time Warner mit Fine Line.

TS: Auch wir haben derartige Filme, aber sie sind nur ein Teil unserer 28 Filme im Jahr. Wir hatten nie ein komplettes Programm mit spezialisierten Filmen, aber Oscar-Filme wie "Die Stunde des Siegers" und "Driving Miss Daisy" gehörten dazu. Wir machen kleinere Filme, aber wir richten unseren Fokus nicht auf kleinere Filme als eigenes Geschäft.

BF: Wie stehen ihre Pläne mit der deutschen Warner Bros. Filmproduktion GmbH?

TS: Wir wollen uns mit eigenen Produktionen auf ausländischen Märkten integrieren. Die deutsche Einheit hat fünf Projekte in Arbeit, darunter zwei von Thomas Jahn. Wir wollen keine Einschränkungen hinsichtlich des Stils oder des Budgets der deutschsprachigen Projekte machen. Wir folgen da unserer Grundphilosophie: Hol dir die besten Leute und gib ihnen viel Autonomie. Gib ihnen alle Mittel, die sie brauchen, und erlaube ihnen, erfolgreich zu sein.

BD: Mit all unseren Projekten streben wir den großen Film an. Steve Ross (der verstorbene Chef von Warner Communications, Anm. d. Redaktion) pflegte da, immer großartige Vorgaben für das Geschäftswachstum zu geben. Er wollte immer wissen:,Wo wollen Sie mit dem Busineß in fünf Jahren stehen?'

BF: Welche Pläne haben Sie mit Co-ventures wie Bel Air Productions und Village Roadshow?

TS: Bel Air ist Teil einer Strategie, mit der wir neue Produktionseinnahmen in die Firma einführen wollen. Steven Reuther ist ein erfahrener, fähiger Produzent. Zusammen mit ihm wollen wir in den nächsten fünf Jahren zwischen vier und sechs Filme jährlich herstellen, darunter "Message in the Bottle" mit Kevin Costner.

BD: Als zweite Komponente bei der Erweiterung unserer Produktion kam Village Roadshow Pictures dazu. Sie stellen mehr als 20 Filme in den nächsten Jahren her, von den wir einige cofinanzieren und vertreiben werden.

BF: Das sind viele neue Projekte, wiewohl Sie gerade die Zahl der jährlichen Kinostarts einschränken. Wie sieht ihre Strategie im Kinobereich aus?

TS: Vergessen Sie nicht, daß es nicht nur um Kinofilme geht. Wir sind ein großer Programmlieferant. Wir arbeiten eng mit dem Kabel- und dem Home-Video-Bereich zusammen. Warner Home Video besitzt die größte englischsprachige Bibliothek. Video wird einen großen Teil dessen einnehmen, was wir in der Zukunft machen, und im DVD-Bereich steckt eine große Zukunft.

BD: Es gibt mehr Kinos denn je. Aber zu viele Filme, die in die Kinos kommen, suchen nach anderen Absatzmöglichkeiten. Wir haben durchschnittlich 27, 28 Filme verliehen und wollen im nächsten Jahr nur noch 22, 23 starten. Damit sind wir immer noch an der Spitze. Disney kürzt die Zahl der Filme, Paramount hatte nie mehr als 16 Filme und Fox auch nicht sehr viel mehr als das.

Warner-Co-Chairmen Robert Daly und Terry Semel im Blickpunkt:Film-Interview