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Für Fans von [Zack Snyder](/person/zack-snyder) ist in diesem Jahr schon zum zweiten Mal Weihnachten: Nach [seinem Cut](/movie/zack-snyders-justice-league) von ["Justice League"](/movie/justice-league_a) startet morgen bei Netflix ["Army of the Dead"](/movie/army-of-the-dead_2), Snyders Rückkehr zum Zombiefilm, mit dem er seine Karriere 2004 begründet hatte. Hier unsere Besprechung.


Wer vier Stunden Zeit braucht, um seine Erzählung der Genese der "Justice League" angemessen umzusetzen, der beansprucht zwingend auch zweieinhalb Stunden, um ein simples Heist-Movie in einer von Zombies überfluteten Metropole so zu erzählen, wie er es für angemessen hält. In der filmischen Verständniswelt von Zack Snyder gibt es eben nur die wagnerianische Herangehensweise, für den ist ein Filmstoff nur dann erzählenswert, wenn er Götterdämmerung ist, tief Luft holt, die Brust bis zum Bersten anschwellen und dann alle sieben Plagen gleichzeitig niederfahren lässt, als könne man nur mit dem Jüngsten Gericht Plus noch zum Zuschauer vordringen. Soll heißen: Der Mann kleckert nicht. Er klotzt. Soll heißen: Der leise Zwischenton fehlt in seinem filmischen Arsenal, die graue Schraffur ist unnötiger Ballast. Soll heißen: Das Werk Snyders entzieht sich seit Daumen mal Pi "[Watchmen](/movie/watchmen-die-waechter)" gängiger kritischer Bewertungsmaßstäbe.


Ob gut oder schlecht, ist völlig irrelevant, weil die relevante Frage lautet: Ist es denn Snyder genug? "Army of the Dead" ist so Snyder, wie es geht. Hier gibt es laut, ganz laut, richtig laut und noch lauter. Und das im virtuosen Zusammenspiel muskelbepackt aufeinander abgestimmt. Mit [Romero](/person/george-a-romero), dem Urvater des modernen Zombiefilms, dessen ["Dawn of the Dead"](/movie/zombie-dawn-of-the-dead) (dt. Titel: "Zombie") Snyder in seinem [Regiedebüt](/movie/dawn-of-the-dead) von 2004 neu verfilmt hatte, hat "Army of the Dead" nichts mehr zu tun. Er hat ja noch nicht einmal mehr etwas zu tun mit Snyders eigener ursprünglicher Zombie-Vision, in der die bis dahin im Kino stets unkoordiniert wankenden Untoten sich auf einmal blitzschnell bewegen konnten und durchtriebener waren, als es sich Romero selbst in ["Day of the Dead"](/movie/day-of-the-dead) jemals hätte ausmalen können. Aber der Film war noch genuin unheimlich und verstörend, und aufgrund gewisser Budgetbeschränkungen hatten die Actionszenen einen wahrhaftigen Punch: Die rochen noch nach echtem Blut, Schweiß und Tränen.


"Army of the Dead" ist nicht das erhoffte Back to the Roots nach drei überteuren, überproduzierten DC-Comic-Verfilmungen, die selbst so antiseptisch und vakuumversiegelt wirkten, als würde man Zombies zusehen, leblos und untot. Vielmehr bringt Snyder den Zombiefilm jetzt auf den Stand der Dinge seiner von endlosem Schmerz getriebenen filmischen Vision, eine Fantasie überbordender Gewaltausbrüche mit zermalmten, zerfetzten, zerstümmelten, zersetzten menschlichen Körpern. Are you not entertained? Die simpelste Handlung der Welt bildet den Rahmen: Superzombie kann Gefangenschaft entkommen, Superzombie gründet Kolonie in Las Vegas, Militär zieht eine Mauer um die Stadt, Multimillionär schickt eine Truppe Söldner, um unermessliche Reichtümer aus einem Supersafe im Keller seines Hotels zu bergen, bevor die Stadt in einem nuklearen Handstreich von der Landkarte gefegt wird. Gut, das passt als Prämisse nicht ganz auf eine Streichholzschachtel, wie einst von Jerry Bruckheimer als Voraussetzung für einen knackigen Blockbuster eingefordert.


Aber es ist eine so geradlinige Storyline, wie man es sich nur vorstellen kann: ein Men-on-a-Mission-Szenario in einem ["Die Klapperschlange"](/movie/die-klapperschlange-best-of-cinema)-Setting. Mit Zombies. B-Movie trifft auf B-Movie trifft auf B-Movie. Perfekt für Zack Snyder also, der sich nach Belieben austoben kann, wenn das dreckige halbe Dutzend um den wie immer grundsympathischen [Dave Bautista](/person/dave-bautista) an die Arbeit geht. Um den Diversitätsansprüchen des modernen Kinos gerecht zu werden, ist das ein nach Geschlecht, Ethnien und vermutlich auch sexuellen Präferenzen bunt zusammengewürfelter Trupp, zu dem auch [Matthias Schweighöfer](/person/matthias-schweighoefer) als deutscher Safeknacker Dieter gehört (der mit "Army of Thieves" ein eigenes Spinoff bei Netflix erhält): Da werden keine Unterschiede gemacht, Kanonenfutter sind sie (fast) alle. Ein weißer Zombietiger aus dem Privatzoo von Siegfried und Roy, der durch die Straßen streift und irgendwann einem Unsympathen den Kopf zum Matsch beißen darf, ist ein Hingucker und nicht ganz so absurd wie der Oberzombie, der auf einem Zombiepferd durch die Straßen reitet, obwohl er sich auf eigenen Beinen viel schneller bewegen könnte. Schaut halt geil aus. Logik ist Nebensache in diesem Frontalangriff der Oberflächenreize. Was man sieht, ist das, was man kriegt. Und man kriegt viel zu sehen. Ich müsste lügen, wenn ich behaupten würde, dass er mir gefallen hat. Aber ich konnte auch nicht wegsehen, sondern war auf perverse Weise gebannt mit dabei, 150 Minuten lang, ein Gaffer wie bei einem Unfall auf der Autobahn. Aber was ist man als Filmfan wenn nicht ein Voyeur? Hitchcock wusste das, DePalma wusste das. Snyder weiß das auch. Gib den Leuten das, von dem sie gar nicht wissen, dass sie es wollen. Und dann ganz viel davon.


Thomas Schultze