Blickpunkt:Film

Kino

Was ist Ihre Tätigkeit und in welchem Auftrag üben Sie diese aus?
Bereits im Sommer 2006 hatten mich der Verband der Filmverleiher und der Betreiberverband [HDF Kino](/company/hdf-kino-ev) beauftragt, die Branchenarbeitsgruppen zur Digitalisierung koordinierend zu begleiten. Die Überlegung beider Verbände war, dass jemand dies im beruflichen Tagesgeschäft nur schwer leisten und lediglich punktuell auftreten könne. Gleichzeitig ist es aber sinnvoll, hier eine Kontinuität hineinzubringen, um einen Zeit- und Arbeitsplan aufzustellen sowie gleichzeitig Ergebnisse zu dokumentieren und an die Beteiligten weiterzuleiten. Mit dem Ziel, einen homogenen Wissensstand zu erreichen.

Und welchen Stellenwert nimmt hierbei die [FFA](/company/ffa-filmfoerderungsanstalt) ein?
Im Lauf der vergangenen Monate haben wir intensiv mit der FFA zusammengearbeitet, auch weil diese die Verbände vorbildlich in ihre digitalen Überlegungen eingebunden hat. Und hierbei wurde deutlich, dass es sinnvoll wäre, diese von mir ausgeübte Funktion möglicherweise an die FFA anzubinden, da ja auch andere Branchenteilnehmer wie Produzenten und Postproduzenten in den digitalen Prozess integriert werden sollen. Außerdem sollte meine Unparteilichkeit deutlich werden. Um es noch einmal zu betonen: Meine Arbeit soll den Interessen der Branche dienen, nicht denen einzelner Branchengruppen allein.

Was ist der derzeitige Status quo beim digitalen Kino?
Wir sind an einem Punkt angelangt, an dem man der Öffentlichkeit mitteilen kann, was die Branche national und international bereits alles erreicht hat, wie der Zwischenstand ist und sogar, wie die Empfehlungen für den einzelnen Kinobetreiber lauten. Und möglicherweise zur kommenden Berlinale, spätestens aber zum diesjährigen HDF-Kongress wird wieder einiges Neue zu berichten sein.

Geradeheraus gefragt: Soll ein interessierter Kinobetreiber jetzt schon beispielsweise bei XDC unterschreiben oder lieber noch warten?
Ich werde niemandem davon abraten, sich digitales Equipment anzuschaffen. Denn für die Aneignung grundlegender Erfahrungen ist dies eminent wichtig. Aber ein Kinobetreiber muss wissen, unter welchen Bedingungen er dies unternimmt: nämlich ohne Infrastruktur. Damit würde er dann zu einer technischen Avantgarde gehören, mit allen Risiken und Nebenwirkungen. Er muss zugleich damit rechnen, dass sein derzeitiges technisches System nicht vollständig dem zukünftigen gewünschten Standard entspricht. Klare Antwort: Der Kinobetreiber muss die augenblicklichen Risiken und Nebenwirkungen der Digitalisierung beachten.

Die spannende Frage bleibt aber nach wie vor, wer sich an der Finanzierung beteiligt.
Nun, in diesem Punkt sind wir mittlerweile in Deutschland sehr weit gekommen, weil es einen grundsätzlichen Konsens zwischen Kino- und Verleihbranche gibt. Beide Partner wollen sich an einem sogenannten Fair-Share-Modell beteiligen, bei dem jeder gemäß seinen wirtschaftlichen Befähigungen und auch nach eventuellen Einsparmöglichkeiten etwas beisteuert. Um skeptischen Stimmen gleich vorzubeugen, kann ich hier den agilen Befürworter der Digitalisierung, Julian Levin von der [Fox](/company/20th-century-studios), zitieren, der in Paris beim Kongress von Europa Cinemas klipp und klar gesagt hat, dass sein Unternehmen - und letztlich wohl auch die anderen Majors - willens ist, den Digitalisierungsprozess auch in Europa mit einem vernünftigen Modell zu unterstützen. Allerdings, so hat er hinzugefügt, muss dieses Modell speziell auf Europa abgestimmt werden.

Deutschland weist mit seinem heterogenen Kinomittelstand indes eine noch speziellere und vielleicht problematischere Struktur auf.
Nein, hier sehe ich eigentlich keine Probleme. Denn der deutsche Konsens lautet vereinfacht: Wir wollen alle, aber es müssen eben auch alle mitgenommen werden. Denn sämtliche Formen des Verleihwesens von Filmkunst bis Mainstream sowie die Programmkinos, Einsaalhäuser und die Multiplexe sollen in dieses Modell integriert werden. Und dass hierzulande ein solcher Konsens besteht, ist doch eine erfreuliche Tatsache.

Sie hatten vorhin erwähnt, dass der nationale Konsens laute, "alle mitnehmen" zu wollen. Wird die Digitalisierung aber nicht auch eine schmerzhafte Marktbereinigung nach sich ziehen?
Ich bin als langjähriger Mitwirkender in dieser Branche der Meinung, dass man seine Arbeit mit Freude und mit einem gewissen Zukunftsoptimismus ausüben soll. Will heißen: Wenn sich der Markt verändert, müssen sich auch die Filmemacher, die Verleiher und letztlich auch die Kinos an die neuen Situationen anpassen. Das hat meines Erachtens in den vergangenen 100 Jahren gut funktioniert, und daher kann man darauf hoffen, dass dies auch für die nächsten 100 Jahre gilt. aw

Digital-Koordinator Chris Koppelmeier im Interview

Chris Koppelmeier||Chris Koppelmeier arbeitet seit 2002 als Unternehmensberater für die Medienbranche. Expertenkenntnisse erwarb er sich unter anderem als Theaterleiter, von 2000 bis 2001 auch als Geschäftsführer der H. J. Flebbe Filmtheaterbetriebs GmbH