Blickpunkt:Film

Kino

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**FAST FACTS:**

• [Dwayne Johnson](/person/dwayne-johnson) in einer überraschenden und restlos überzeugenden Darstellung

• Erste Regiearbeit von [Benny Safdie](/person/ben-safdie) ohne seinen Bruder [Josh](/person/joshua-safdie)

• Basierend auf der Sportdoku „The Smashing Machine: The Life and Times of Extreme Fighter Mark Kerr“ von [John Hyams](/person/john-hyams) aus dem Jahr 2002

• Bislang aufwändigste Produktion von [A24](/company/a24-films) mit einem kolportierten Budget von 75 Millionen Dollar

• Weltpremiere im Wettbewerb der 82. Mostra in Venedig

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**CREDITS:**
Land / Jahr: USA 2025; Laufzeit: 123 Minuten; Regie & Drehbuch: Benny Safdie; Besetzung: Dwayne Johnson, [Emily Blunt](/person/emily-blunt), Ryan Bader, Oleksandr Usyk, [Bas Rutten](/person/bas-rutten); Verleih: [LEONINE Studios](/company/leonine-studios); Start: 2. Oktober 2025

Ob sie einander hassen würden, wenn sie aufeinander losgehen wie die Stiere, will eine ältere Dame wissen, mit der Ultimate-Fighting-Champion Marc Kerr bei einem seiner regelmäßigen Arztbesuche ins Gespräch kommt. Sie verweist auf sein demoliertes Gesicht und die Blutergüsse unter den Augen. Er lacht und sagt sanft: Nein, das würden sie nicht. Was auch schon der Clou ist von „The Smashing Machine“, die erste Soloregiearbeit von Benny Safdie, der seinen fiebrigen, nervösen Verité-Style hier einsetzt, um eine grundsätzlich konventionelle Sportlergeschichte ganz anders aufzuziehen, die Erwartungen zu unterlaufen, den Ort der mit wirklich harten Bandagen geführten Kämpfe eben nicht den Ring sein lässt, wo Blut fließt, Knochenbrüche und Wunden, die genäht werden müssen, an der Tagesordnung, man sich nach dem letzten Gong dann aber doch wieder in den Armen liegt, sondern die eigenen vier Wände sind, in diesem Fall Marc Kerrs Bungalow in Scottsdale, außerhalb von Phoenix, Arizona, wo er Ende der Neunzigerjahre mit seiner Freundin Dawn lebt und sich die Liebe, um Bonnie Tyler zu bemühen, das wahre Schlachtfeld ist. „Erst zwickt es kurz, dann brennt es einmal ganz schlimm“, sagt ein Arzt routiniert zu Marc, als einmal eine klaffende Platzwunde an seinem Kinn geflickt werden soll: Wenn das in einer Beziehung nur so einfach wäre, wo der Hass echt ist, brennt wie Feuer und Scharten fürs Leben schlägt.

„The Smashing Machine: The Life and Times of Extreme Fighter Mark Kerr“ von John Hyams aus dem Jahr 2002, und es ist bisweilen ein bisschen gespenstisch, wie identisch die beiden Filme in vielerlei Hinsicht sind: Die eingangs erwähnte Szene mit der älteren Dame gibt es beispielsweise fast eins zu eins auch bei Hyams zu sehen, der das gesamte Drama auch bei sich aufreiht: der erste Auftritt als professioneller MMA-Kämpfer, die frühen Erfolge, mit denen Kerr sich einen Namen macht, die Auftritte in Japan bei dem Pride-Wettbewerb, aber auch seine Schmerztablettensucht und die tiefe Depression, in die er nach seiner ersten Niederlage stürzt, weil er Verlieren nicht gewöhnt ist, und auch seine volatile Beziehung zu seiner Lebensgefährtin, die ihrerseits mit Alkoholismus zu kämpfen hat. Safdies Filmstil suggeriert Chaos, eine Annäherung an reales Leben, was schon die Filme mit seinem Bruder Josh, „[Good Time](/movie/good-time)“ mit [Robert Pattinson](/person/robert-pattinson) und „[Uncut Gems](/movie/der-schwarze-diamant)“ mit [Adam Sandler](/person/adam-sandler), atemlose Erlebnisse hatte sein lassen. Dabei steckt eine kluge Methode dahinter, ein gewagter Drahtseilakt, der die Bedürfnisse der weltweit riesigen Ultimate-Fighting-Fangemeinde bedient, den Menschen gibt, was sie wollen, gleichzeitig aber das Genre dekonstruiert und mit ihm den Mythos von den stahlharten Muskelgebirgen, Inbegriff viriler Männlichkeit. 

Damit das wirklich funktionieren kann, hat Safdie sich Dwayne Johnson als Star an Bord geholt, seinerseits von 1996 bis 2004 professioneller Wrestler und mehrfacher World-Champion bei der WWF, bevor er sich ausschließlich der Schauspielerei widmete und zum bestbezahlten Actionhelden Hollywoods wurde. Dass er mehr kann als nur heroisch auszusehen und die Muskeln spielen zu lassen, hat Johnson mehrfach schon bewiesen, in der Serie „[Ballers](/tvshow/ballers)“ oder [Michael Bays](/person/michael-bays) „[Pain & Gain](/movie/pain-und-gain)“ beispielsweise, aber noch nie hat er sich darstellerisch so sehr strecken müssen und auch so sehr gestreckt wie hier. Wenngleich er qua seiner sportlerischen Vergangenheit immer überzeugend ist in den Szenen im Ring oder beim Training, jeder Handgriff mit traumwandlerischer Sicherheit sitzt, ist er eine Offenbarung, wenn er mit Emily Blunt seine Szenen einer Ehe durchexerziert, in denen zunächst harmlos erscheinende Mikroaggressionen und passiv-aggressive Frotzeleien blitzschnell eskalieren in epische Auseinandersetzungen, als würden sich [De Niro](/person/robert-de-niro) und [Liza Minnelli](/person/liza-minnelli) in „[New York, New York](/movie/new-york-new-york_4)“ gegenüberstehen. 

Um die Echtheit zu unterstreichen, wurden die weiteren Rollen mit echten Größen diverser Kampfsportarten besetzt, Ryan Bader als Mark Coleman, Oleksandr Usyk als Igor Vovchanyn und Bas Rutten als er selbst. Wenn man jetzt Johnson als Marc Kerr nach seiner Niederlage in Tränen ausbrechen und wie ein Kind Sturzbäche weinen sieht, vollgepumpt mit Steroiden leer ins Nichts starren sieht oder einfach nur seine Hilflosigkeit zu spüren bekommt, weil er zwar im Ring immer Herr über die Situation ist, aber keinerlei Kontrolle hat, wenn es zum In-Fight mit Dawn kommt, er einfach machtlos ist, diese Situation zu richten, dann entlarvt „The Smashing Machine“ den Machismo vermeintlich ganzer Kerle als leere Pose. Ob er wisse, dass er verloren habe, wird Marc am Ende nach dem entscheidenden Kampf gefragt, um sicherzustellen, dass er bei wachem Verstand ist. Als man ihn kurz und knapp „Ja“ sagen sieht, mag das nicht der Triumph sein, wie man ihn sich in einem Sportdrama erwartet. Für Marc Kerr ist das Eingeständnis wie eine Reise zum Mond, ein Quantensprung in seiner persönlichen Entwicklung. Dazu spielt „Corridor of Dreams“ von den Cleaners from Venus: „It’s meant to get easier the more you have to take, but it’s oooooh harder.“

Thomas Schultze

REVIEW VENEDIG: „The Smashing Machine“