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Klaus Helbert neuer Vorstandsvorsitzender

Das große Stühlerücken begann Ende August: Nachdem Verleger Klaus Helbert seinen Anteil an der media[netCom] AG auf über 25 Prozent aufgestockt hatte, machte er sich an den Umbau der Führungsspitze. Der neue Großaktionär übernahm den Vorstandsvorsitz und damit die Unternehmensführung von Frank Hackenbuchner. Firmengründer Hackenbuchner wird sich künftig wieder um die technische Weiterentwicklung der VoD-Plattform kümmern, teilte media[netCom] mit. Vorstandsmitglied Pierre Dallüge schied aus dem Vorstand aus, Michael Bartels gab den Aufsichtsratsvorsitz ab. Neu im Vorstand ist Martina Fritz, verantwortlich für den Geschäftsbereich Sales. Helbert steht auch dem Softwarehaus Internolix vor, das sich als "digitale Mediengruppe" versteht.

Ziel des Unternehmens ist es laut Geschäftsbericht, "die digitale Wertschöpfungsplattformen Internet, Kabel, DSL und Telefon für die Distribution zielgruppenspezifischer Inhalte zu nutzen". Mit media[netCom] im Unternehmensportfolio hofft Helbert, diesem Ziel einen weiteren Schritt näher zu kommen. "media[netCom] bietet eine reale Ausgangsbasis, im Medienmassenmarkt Geld zu verdienen, und macht sein Geschäft mit der Bequemlichkeit der Kunden, die sich die Filme am heimischen PC ansehen können, ohne dafür zu einer Videothek fahren zu müssen", urteilte Helbert auf der Jahreshauptversammlung gegenüber der Nachrichtenagentur Reuters.

Synergieeffekte verspricht sich Helbert vor allem durch die Zusammenarbeit von media[netCom] und Internolix-Tochter Campoint. VideoWoche sprach mit Finanzvorstand und COO Thomas Raab über die strategische Ausrichtung des Unternehmens.

VideoWoche: Seit Ende August ist Klaus Helbert neuer Vorstandsvorsitzender der media[netCom] AG. Wird das Unternehmen seine Geschäftspolitik neu definieren?

Thomas Raab: Die media[netCom] wird ihre Stoßrichtung nur leicht verändern. Bisher waren wir auf TV-Kabelnetzbetreiber fokusiert; künftig legen wir unser Augenmerk verstärkt auch auf VoD via DSL, um noch schneller in den Endkundenmarkt einzusteigen.

VW: Welche Vorteile sehen Sie im verstärkten DSL-Engagement?

TR: Der DSL-Markt gewinnt in Deutschland zunehmend an Dynamik, und wir wollen dieses Kundenpotenzial durch ein entsprechendes VoD-Angebot erschließen. Kurzfristig sehen wir hier ein größeres VoD-Potenzial als bei den TV-Kabelnetz-Endkunden, weil keine Settop-Boxen nötig sind und zahlreiche Haushalte mit PCs ausgestattet sind.

VW: Aber wer sieht sich schon gern einen 90-minütigen Spielfilm am PC-Monitor an....

TR: Sicher werden die Endkunden bei DSL-VoD auf die jeweiligen Genres unterschiedlich stark zugreifen. Ich kann mir vorstellen, dass Dokus oder Reiseberichte eher am PC-Monitor angeschaut werden als Spielfilme.
Besonders bei Erotikinhalten, die über Computer abgerufen werden können, besteht eine hohe Nachfrage. Das klassische Familienevent, Filme in Spielfilmlänge gemeinsam anzusehen, bleibt dann eher der Übertragung über TV-Kabelnetz auf den heimischen Fernseher vorbehalten, oder die Nutzer behelfen sich mit einer Verbindung zwischen PC und Fernseher.

Partner Campoint fürs Internetgeschäft

VW: Mit welchen Partnern will die media[netCom] im DSL-Geschäft zusammenarbeiten?

TR: Mit Campoint haben wir einen Partner, der mehrjährige Erfahrungen im Internet-Endkundengeschäft hat und auch die Rechnungstellung an den Endkunden erfolgreich regeln kann. In dieser Kooperation sehen wir als Technik- und Contentlieferant gute Perspektiven. Wir können uns auch vorstellen, direkt Kontakt zum Endkunden zu haben, etwa über eine eigene Inhalteplattform in Zusammenarbeit mit Partnern.

VW: Wie soll die Campoint-Kooperation konkret aussehen?

TR: Geplant ist, dass wir unser Know-how bei VoD-Technik und Inhalten zusammen mit Campoint in eine Internetplattform einbringen. Campoint stellt den Zugang zum Endkunden her und übernimmt die Entgeltabrechnung. Zugute kommt uns auch die Marketingerfahrung von Campoint. Wir erschließen uns dadurch neben unserem bisherigen Geschäftsmodell als reiner B2B-Anbieter auch den B2C-Markt.

VW: media[netCom] sind nicht die Einzigen, die VoD über DSL-Breitbandnetze voranbringen wollen.

TR: Das ist richtig. Einige Mitbewerber haben ähnliche Projekte angekündigt. Wir erwarten aber, dass von den Ankündigungen nur die wenigsten Projekte realisiert werden. Mit unserer Technik und unserem Content haben wir ein gutes Paket und sehen am Markt kein ähnliches Angebot. Unser Geschäftsmodell funktioniert und ist kommerziell am Markt eingeführt. Mit Campoint haben wir einen starken Partner gewonnen, der Erfahrungen im Handling mit dem Endkundengeschäft hat, marketingerfahren ist und weiß, wie das Internetgeschäft funktioniert.

"Keine Unsummen für VoD-Lizenzen"

VW: Mit welchen Strategien und Partnern wollen Sie die Marktverbreitung der von media[netCom] entwickelten VoD-Technologie "Cinema on Demand" forcieren?

TR: CoD wird sich bei entsprechender Verbreitung immer mehr als Marke etablieren. Für uns ist wichtig, dass CoD als ein Qualitätsstandard positioniert wird.

VW: Bieten nicht gerade der abgeschlossene Verkauf der verbliebenen Fernsehkabelnetze der Telekom an US-Investoren und deren Ankündigung, die Netze rückkanalfähig auszubauen, großes Wachstumspotenzial für VoD via TV-Kabelnetz?

TR: Sicher stellt das Fernsehkabelnetz ein großes Potenzial dar, das wir mittelfristig auch als ebenso groß einschätzen wie das von DSL. Aus unserer Sicht ist es nur eine Frage der Zeit, bis VoD sich über dieses Netzwerk durchsetzen wird. Jetzt müssen aber erst die Eigentumsverhältnisse endgültig geklärt und die Rückkanaltauglichkeit hergestellt werden. Ich halte den Markt erst in einem Jahr für reif genug, um VoD in größerem Umfang zu installieren.

VW: Verhandeln Sie mit den Kabelnetzbetreibern zwecks Installation von VoD-Services?

TR: Wir stehen natürlich mit den Kabelnetzbetreibern in Kontakt, sowohl mit den alten als auch mit den neuen. In den nächsten Wochen sind aber noch keine Vertragsabschlüsse zu erwarten.

VW: Welche Bedeutung haben Erotikinhalte für VoD?

TR: Sicherlich wird Erotik, ähnlich wie seinerzeit bei VHS, eine Vorreiterrolle spielen und für VoD anfangs sehr wichtig sein. Natürlich müssen die Jugendschutzbestimmungen eingehalten werden. Später wird sich das Ganze wieder auf alle Genres einpendeln. Internolix und Campoint haben im Erotikbereich als Internetplattformanbieter Erfahrungen gesammelt. Unser Fokus liegt aber nicht allein auf dem Erotikbereich.

VW: VoD wird erst dann zur "Killer Application", wenn der Endverbraucher genügend attraktive Inhalte abrufen kann. Wie und mit welchen neuen Partnern wollen Sie den VoD-Lizenzpool der media[netCom] aufstocken?

TR: Wir führen mit Studios Gespräche, machen aber nicht wie andere den Fehler, für Lizenzen Unsummen auszugeben, die sich nicht refinanzieren lassen.

VW: Auf der Jahreshauptversammlung wurde ein Aktienrückkaufprogramm in Höhe von bis zu zehn Prozent des Grundkapitals beschlossen. Warum?

TR: Wir wollen für unsere Mitarbeiter Möglichkeiten schaffen, im Rahmen von Aktienprogrammen am Wachstumspotenzial der AG teilzuhaben. Außerdem können wir die Aktien nutzen, um in strategische Partnerschaften, wie etwa der Filmindustrie, zu investieren oder auch Investoren über diesen Weg an media[netCom] zu binden.

Im Gespräch: Thomas Raab, CFO media[netCom]